Recycling Seltener Erden : Magnete, ihr sollt noch mal leben
- -Aktualisiert am
Ende als Anfang: Schrott aus dem Metall Neodym-Eisen-Bor. Bild: Fraunhofer Institut
Metalle aus der Gruppe der Seltenen Erden sollte man recyceln. Wenn es um alternative Energien geht, rechnet sich das vielleicht schon bald.
Massives Metall, ein ganzer Klotz davon. Momente später bekommt er Risse, dann zerbröselt er, bis nur noch ein Haufen graues Pulver übrig ist. Fast organisch mutet dieses Geschehen an, wie die Verwesung von etwas Lebendigem, das sein irdisches Dasein abgeschlossen hat und dessen Zerfallsprodukte nun nachfolgenden Generationen zur Verfügung stehen. Staub zu Staub.
Jürgen Gassmann kann den Vorgang nur als Filmaufnahme vorführen, denn die Kammer hinter ihm, in dem dieser Prozess im Labor der Fraunhofer-Einrichtung für Wertstoffkreisläufe und Ressourcenstrategie (IWKS) im unterfränkischen Alzenau stattfindet, hat kein Fenster. Was den Metallklotz nämlich zerkrümeln ließ, ist eine Atmosphäre aus Wasserstoff mit einem Druck von zehn Bar. „Das geht innerhalb von Sekunden“, erklärt der Ingenieur. „Wir können mehrere hundert Kilo innerhalb einer Stunde prozessieren.“ Das Phänomen dahinter nennt sich Wasserstoffversprödung und ist eigentlich gefürchtet, nicht zuletzt im Feld der erneuerbaren Energietechnik, wo das leichte Gas als Energieträger diskutiert wird. Seine besonders kleinen Moleküle dringen gern in Metalle ein und korrodieren sie. In der Reaktorkammer des Fraunhofer IWKS aber wird diese Korrosion absichtlich herbeigeführt, um damit im Versuchsmaßstab Hochleistungsmagnete zu recyceln.
Fatale Anziehung
Solche Magnete gibt es erst seit den 1980er Jahren. Heute werden sie unter anderem in wartungsarmen Windgeneratoren und hocheffizienten Elektroantrieben verbaut, denn sie erzeugen maximal starke Magnetfelder auf minimalem Raum. Später holt Gassmann zwei aneinander haftende, kaum fingernagelgroße Magnete hervor. Nur mit äußerster Mühe lassen sie sich trennen – ein Unterfangen, das nicht ohne Risiko ist. Schnappen sie wieder zusammen, kann das schmerzhafte Quetschungen verursachen. Was nur wenig größere Exemplare solcher Magnete von dazwischen geratenen Fingern oder Händen übrig lassen, dürfte in manchen Fällen kein Unfallchirurg wieder zusammenflicken können.
Die Supermagnete bestehen aus 14 Teilen Eisen, einem Teil Bor und zwei Teilen Neodym, einem Element aus der Gruppe der Seltenen Erden. Oft enthalten sie auch einige Prozent Dysprosium, einem anderen Seltene-Erden-Metall, damit sie noch bei höheren Temperaturen funktionstüchtig bleiben. Neodym und Dysprosium aber kommen heute ganz überwiegend aus China, das laut U.S. Geological Survey auf 37 Prozent der Weltreserven an Seltenen Erden sitzt. Im aktuellen Handelsstreit mit der Trump-Administration droht China jetzt, seine Exporte der immer begehrteren Rohstoffe zu beschränken. Das – sowie die Umweltprobleme, welche die Verarbeitung der Seltenen-Erden-Minerale verursachen kann – lassen es als eine gute Idee erscheinen, diese Metalle zu recyceln.
Noch wird kein Seltene-Erden-Produkt recycelt
Noch wird das nirgends auf industrieller Skala gemacht. Weniger als ein Prozent der heute verarbeiteten Seltenen-Erden-Elemente sind recycelt, schrieben Forscher um Simon Jowitt von der University of Nevada in Las Vegas im vergangenen Jahr in einem Übersichtsartikel. Aber auch davon stamme so gut wie nichts aus ausrangierten Geräten, sogenanntem „End-of-life“-Material, sagt Gassmann, sondern aus Ausschuss oder Fertigungsschrott. „Die Herstellung von Neodym-Eisen-Bor-Magneten enthält eine Zahl von Arbeitsschritten, in denen geschliffen, geschnitten und poliert wird. Dabei geht fast ein Drittel des Inputs an Seltenen-Erden-Elementen verloren“, schreiben Jowitt und Kollegen.
Neodymmagnete stecken nicht nur in Elektroanlagen, sondern auch in Datenspeichern, in kompakten Kopfhörern oder den Vibrationselementen in Handys. Größere Mengen der insgesamt 16 stabilen Elemente der Seltenen-Erden-Gruppe sind Katalysatoren für chemische Prozesse, sind Bestandteil von Nickel-Metallhydrid-Akkus oder von Leuchtstoffen in Energiesparlampen und LEDs. Das Recyclingpotential ist unterschiedlich: Katalysatoren enthalten vor allem Cer und Lanthan, die beiden häufigsten Seltenen-Erden-Metalle, die bei der Gewinnung der übrigen sowieso im Übermaß anfallen. Ihr Recycling dürfte daher auf absehbare Zeit unwirtschaftlich bleiben.