Quantentechnologie zum Testen : Quantensprung in Jülich
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Chip des Quantenannealers „Advantage“ Bild: D-Wave
Am Forschungszentrum Jülich steht seit Montag dieser Woche ein kommerzieller Quantenrechner. Es ist ein Rechner der kanadischen Firma D-Wave mit 5000 Quantenbits. Die leistungsfähige Maschine soll vor allem komplexe Optimierungsaufgaben lösen.
Deutschland holt auf dem Gebiet der Quantentechnologie kräftig auf. Mehr als hundert laufende Projekte, die sich dem Thema widmen, führt das Bundesforschungsministerium mittlerweile auf seiner Homepage. Die Forschungsschwerpunkte reichen von der Entwicklung neuartiger Quantenmaterialien und Quantensensoren, über Verfahren zur abhörsicheren Quantenkommunikation bis zum Bau von leistungsfähigen Quantencomputern. Weil es bislang keinen funktionierenden Quantenrechner „Made in Germany“ gibt, man aber Universitäten, Forschungsinstituten und der Industrie die Möglichkeit geben möchte, Erfahrung mit dieser Art Rechner zu sammeln, hat man sich Unterstützung von Computerherstellern geholt.
Nachdem im vergangenen Jahr der erste kommerzielle Quantencomputer in Europa, das IBM-System „Q Systems One“, in Stuttgart unter dem Dach der Fraunhofer-Gesellschaft in Betrieb genommen wurde, hat das Forschungszentrum Jülich jetzt nachgezogen. An diesem Montag (17. Januar) wurde dort offiziell ein Quantencomputer der kanadischen Firma D-Wave seiner Bestimmung übergeben und im Beisein von Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), EU-Kommissarin Mariya Gabriel (Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend) sowie des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) medienwirksam gestartet.
Die frisch gekürte Bundesforschungsministerin sprach bei einem ihrer ersten Auftritte am Montag auch gleich von einem Quantensprung. „Quantencomputer bieten enorme Chancen für unsere Zukunft und den Forschungsstandort Deutschland.“ Sie hätten das Potential, unseren Alltag zum Besseren zu verändern – etwa mit Blick auf die optimale Nutzung unseres Stromnetzes, der Optimierung von Anlagestrategien am Finanzmarkt oder das Design wirksamerer Medikamente.
Der Quantenrechner von D-Wave (Advantage) soll wie der IBM-Computer „IBM Q Systems One“ Forschern an Instituten, aber auch Entwicklern in der Industrie zur Verfügung stehen. Er wird deshalb Teil der bestehenden Infrastruktur für Quantencomputing (JUNIQ) in Jülich sein, über das Wissenschaftler aus ganz Europa Zugriff auf „Advantage“, aber auch auf die Supercomputer vor Ort haben und entsprechende Berechnungen durchführen können. Dadurch erhofft man sich besondere Synergieeffekte.
Zwei Milliarden Euro von der früheren Bundesregierung
Die Erwartungen sind groß. Weil „Advantage“ wie jeder Quantencomputer für seine Berechnungen die Regeln der Quantenphysik nutzt, soll er viele Aufgaben effizient, vielleicht sogar schneller bearbeiten können als ein klassischer Rechner (siehe Kasten). Allerdings handelt es sich bei „Advantage“, der über 5000 supraleitende Quantenbits verfügt, also weit mehr als die Rechner von IBM oder Google, um keinen Quantenrechner im strengen Sinn. Dazu müssten die quantenphysikalischen Recheneinheiten einzeln angesprochen und zu logischen Gattern zusammengeschaltet werden. Bei „Advantage“ befinden sich möglichst viele Qubits in einer Art kollektiven Überlagerung und strebten bei einer laufenden Berechnung dem Zustand der geringsten Energie zu. Ist dieser erreicht, liegt das Ergebnis vor. Forscher sprechen bei dem System von D-Wave deshalb eher von einem Quantenannealer als von einem Quantencomputer.