Quantencomputer : Die rechnenden Simulanten
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Der 49-Qubit Quantenprozessor „Tangle Lake“ von Intel Bild: Walden Kirsch/Intel Corporation
Die Welt braucht mehr Rechenpower, sagte Microsoft-Chef Satya Nadella in Davos und setzt seine Hoffnung in den Quantencomputer. Doch wozu sind die Wunderrechner tatsächlich zu gebrauchen und werden sie nicht überschätzt? Eine Glosse
Der Plan war fast dreißig Jahre lang eine fixe Idee, die in den Köpfen von einigen wenigen Wissenschaftlern herumschwirrte. Nun scheint er Wirklichkeit zu sein: Der Quantencomputer, der alle klassischen Rechner in den Schatten stellt, und nicht mehr nur mit „1“ und „0“ rechnen soll, weil er elementare Prinzipien der Quantenphysik wie Superposition und Verschränkung effizient ausnutzen kann.
War das Rechenwunder noch vor zehn Jahren nur von akademischem Interesse, basteln heute fast alle großen Computerhersteller und Internetfirmen an ihren eigenen Wunderkisten, allen voran IBM, Google und Intel. Deren aktuelle Prototypen können sich sehen lassen. Sie rechnen jeweils mit rund 50 Quantenbits, wie man die quantenmechanischen Pendants der klassischen Bits nennt. Damit können die Maschinen eine unvorstellbar große Zahl von Prozessen verarbeiten – und das gleichzeitig und deshalb rasend schnell.
Gordon Moore lässt grüßen
Viele Physiker, die sich seit Jahren in ihren Labors abmühen, mit einzelnen Atomen, Elektronen, Lichtteilchen oder supraleitenden Resonatoren einen funktionierenden Quantencomputer zu basteln, dürften hier vor Neid erblassen. Den Firmen schweben bereits Rechenmaschinen mit hundert Quantenbits und mehr vor. So scheint das berühmte Mooresche Gesetz, das noch immer den Takt vorgibt, wie schnell die Leistungsfähigkeit von Mikroprozessoren wächst, offenkundig auch die Welt der Quantenrechner erfasst zu haben.
Für ihr Ziel haben die Computerfirmen Millionen von Dollars in die Hand genommen, superschicke Laboratorien gebaut und die klügsten Köpfe von überallher angelockt. Diese fehlen jetzt freilich in staatlich geförderten Laboratorien, ebenso wie die finanziellen Mittel, um beim Wettlauf um den schnellsten Quantencomputer noch einigermaßen mithalten zu können.
Schnelle Supercomputer machen Konkurrenz
Fragt man nach den Anwendungen der Quantencomputer, dann scheint bei einigen jedoch die Phantasie durchzugehen. Düsenjets sicher steuern, den Verlauf von Aktienkursen treffsicher voraussagen, neue Planeten entdecken, sichere Codes knacken, Krebs heilen und noch viele weitere Wunder soll der Quantenrechner vollbringen. Es ist wenig bekannt, was die kommerziellen Rechenmaschinen tatsächlich zuwege bringen.
Am ehesten vermutlich das, wofür sie der geniale Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman ursprünglich einmal ersonnen hatte: schwer zugängliche Quanteneigenschaften von Festkörpern, Flüssigkeiten, Gasen oder anderen Vielteilchensystemen detailliert zu berechnen und die Vorgänge zu simulieren. Das dürfte die Alltagsanwendungen erst mal stark einschränken.
Ein weiterer Dämpfer: Die Quantenrechner haben kräftige Konkurrenz von den Supercomputern bekommen, die, obwohl sie ganz traditionell mit „1“ und „0“ rechnen, weiter immer schneller werden. So ist der IBM-Supercomputer „JuQueen“ am Forschungszentrum Jülich in der Lage, einen Quantencomputer mit 43 Quantenbits zu simulieren. Und dabei belegt er nur den 22. Platz in der aktuellen Liste der fünfhundert schnellsten Supercomputer. Ein ausgeklügelter Algorithmus macht es möglich.
Um noch mehr Quantenbits schaffen zu können, hat man sich in Jülich Hilfe aus dem Reich der Mitte geholt. Am chinesischen Supercomputerzentrum in Wuxi steht der größte „Supercomputer“ der Welt. Und „Sunway TaihuLight“ hilft den Deutschen nun gewaltig auf die Sprünge.