Mächtiger Quantencomputer : Wenn Photonen rechnen
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Der Quantensimulator „Jiuzhang“: Im Zentrum werden die Lichtpulse erzeugt, die einen Parcours aus unzähligen optischen Komponenten absolvieren müssen. Bild: Hansen Zhong
Jetzt präsentieren auch chinesische Forscher einen Quantencomputer, der Rekorde bricht. Er berechnete eine für klassische Rechner unlösbare Aufgabe innerhalb von Minuten.
Wann kommt endlich der Quantencomputer, der jedem noch so leistungsfähigen klassischen Computer haushoch überlegen ist? Google hat diese Frage mit „Sycamore“ im vergangenen Jahr für sich beantworten können. Mit seinen 53 supraleitenden Quantenbits war der Quantencomputer erstmals in der Lage, ein komplexes Problem deutlich schneller zu berechnen als der damals leistungsfähigste Supercomputer „Summit“ von IBM. Sycamore benötigte nur 200 Sekunden, woran Summit nach Aussagen der Google-Forscher mindestens zehntausend Jahre lang geknobelt hätte.
Doch nun hat Googles Quantencomputer mächtige Konkurrenz bekommen. Sie kommt aus China, heißt „Jiuzhang“ und steht in einem Labor der Universität Hefei. Entwickelt wurde der chinesische Quantenrechner von Wissenschaftlern um den chinesischen Quantenphysiker Jian-Wei Pan, der durch seine spektakulären Freilandversuche zur Quantenkommunikation bekannt geworden ist. Jiuzhang habe, so schreiben Pan und seine Kollegen in der Zeitschrift „Science“, innerhalb von Minuten die Lösung für eine komplexe Aufgabe geliefert, für die der schnellste Rechner Chinas, „Taihulight“ – die Nummer vier auf der aktuellen Weltrangliste der schnellsten Supercomputer –, schätzungsweise ein halbes Erdzeitalter gebraucht hätte.
Ob nun Sycamore oder Jiuzhang das leistungsfähigere System ist, lässt sich aber nur schwer beantworten. Denn beide haben ihre Quantenüberlegenheit für eine ganz spezielle mathematische Fragestellung demonstriert, die auf die jeweilige Hardware hin zugeschnitten worden war. Und diese ist bei beiden Quantenrechnern grundlegend verschieden:
Quantenbillard mit Photonen
Während Sycamore zum Rechnen supraleitende Quantenbits in Gestalt von Mikrowellenresonatoren verwendet, die zu logischen Gattern verschaltet werden können, nutzt Jiuzhang für seine Kalkulationen speziell geformte Laserpulse. Diese sind so beschaffen, dass sie sich wie einzelne Photonen verhalten. Lichtquanten sind die idealen Träger von Quanteninformationen, weil sie leichter zu kontrollieren und zu manipulieren sind als beispielsweise Sycamores supraleitende Qubits. Die Lichtpulse durchlaufen einen Parcours aus 300 Strahlteilern und 75 Spiegeln sowie aus unzähligen Polarisatoren und Linsen. Eine Schar von Detektoren registriert die Lichtpulse, nach dem diese die optische Anordnung passiert haben. Streng genommen ist Jiuzhang kein Quantencomputer, sondern ein Quantensimulator.
Die Forscher um Pan wollten mit ihrem experimentellen Aufbau eine Fragestellung aus der Quantenstatistik – Gaussian Boson Sampling – überprüfen, welche die Computerwissenschaftler Scott Aaronson und Alex Arkhipov im Jahr 2011 formuliert hatten. Kann ein klassischer Computer – so fragten die beiden Forscher vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge – berechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit Teilchen wie Photonen ein Labyrinth aus Strahlteilern und Spiegeln durchlaufen und welchen Weg sie dabei einschlagen? Aaronson und Arkhipov hatten damit bereits den auf Lichtteilchen basierenden Quantencomputer im Blick, der damals aber noch in den Kinderschuhen steckte.