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Schonendes Syntheseverfahren : Ein grüner Weg zum Alkohol

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Die potentiellen Anwendungsgebiete für Alkohol sind so vielfältig, wie die Auswahlmöglichkeiten begrenzt sind. Mit einem neuen Syntheseweg soll sich das nun ändern. Bild: dpa

Grüne Chemie auf dem Vormarsch: Bonner Wissenschaftler haben einen effizienten Syntheseweg entwickelt, mit dem sich bislang schwer zugängliche Alkohole kostengünstig, vor allem deutlich umweltschonender herstellen lassen, als es bislang der Fall ist. Unerwünschte Nebenprodukte entstehen fast keine.

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          Alkohole sind unverzichtbare Grundstoffe in der chemischen Industrie. Sie sind nicht nur wichtige Lösungsmittel wie Methanol oder Ethanol. Sie sind auch eine wichtige Ausgangsbasis für eine Vielzahl verschiedener Chemikalien – vom Duftstoff bis zum Arzneimittel. Das gilt vor allem für die komplexer aufgebauten Alkohole. Allerdings ist man bei der Auswahl meist auf eine Sorte Alkohole beschränkt, und zwar auf jene, die besonders einfach hergestellt werden können. Dadurch sind die Nutzungsmöglichkeiten eingeschränkt.

          Das könnte sich dank eines neuen Synthesewegs ändern, den Chemiker von der Universität Bonn gemeinsam mit Forschern von der Columbia University in New York entwickelt haben. Andreas Gansäuer und seine Kollegen haben einen Katalyse-Mechanismus entdeckt, mit dem sich nun bestimmte, bislang schwer zugängliche Alkohole kostengünstig und deutlich umweltschonender herstellen lassen, als es bislang möglich war.

          Der perfekt abgestimmte Mechanismus macht`s

          Der gängige Weg zu Alkoholen führt über sogenannte Olefine (Kohlenwasserstoffe mit einer Doppelbindung), die man mit Wasser reagieren lässt. Das Wassermolekül dient dabei als Spender der für Alkohole charakteristischen Hydroxyl-Gruppe. Diese Art der Synthese ist einfach und effizient, hat aber den Nachteil, dass die OH-Gruppe immer nur an einer bestimmten Stelle des Olefin-Moleküls andockt. Es entstehen auf diese Weise stets sogenannte Markownikow-Alkohole – benannt nach dem russischen Chemiker, der diese Reaktionsregel im Jahr 1869 beschrieb. Die Wissenschaftler um Andreas Gansäuer und Jack Norton haben nun einen Weg gefunden, die Hydroxyl-Gruppe auch an bislang schwer zugänglichen Stellen anzuhängen und damit das Spektrum an einfach herstellbaren Alkoholen zu erweitern.

          Andreas Gansäuer und Anastasia Panfilova bei der Epoxidhydrierung zur Gewinnung bestimmter Alkohole.
          Andreas Gansäuer und Anastasia Panfilova bei der Epoxidhydrierung zur Gewinnung bestimmter Alkohole. : Bild: Volker Lannert, Uni Bonn

          Als Ausgangsstoff verwenden die Forscher sogenannte Epoxide. Diese Stoffgruppe unterscheidet sich von den Olefinen durch eine Sauerstoffbrücke anstelle einer Doppelbindung. Um daraus Alkohole zu gewinnen, gibt man Wasserstoff hinzu. Dieser reagiert mit dem Sauerstoff, woraufhin eine OH-Gruppe entsteht. Die Alkohole sind dann allerdings ebenfalls vom Markownikow-Typ. Um eine andere Art von Alkoholen – sogenannte Anti-Markownikow-Alkohole – zu synthetisieren, übertragen die Forscher um Gansäuer den Wasserstoff in drei aufeinanderfolgenden Schritten.

          Das gelingt mit zwei aufeinander abgestimmten Katalysatoren, von denen einer Titan und der andere Chrom enthält. Zunächst nimmt das Epoxid-Molekül – vermittelt durch den Titan-Katalysator – ein Elektron auf, unter Einfluss des chromhaltigen Katalysators lagern sich dann ein neutrales und schließlich ein positiv geladenes Wasserstoffatom an das Molekül an. Auf diese Weise entsteht ein Hydroxyl, dass sich an die ungewöhnliche Anti-Markownikow-Position dirigieren lässt. Damit die drei Bestandteile in der richtigen zeitlichen Reihenfolge zur Verfügung stehen, müssen die Chemiker die Geschwindigkeiten der drei Katalysereaktionen synchronisieren. Das erreichen sie dadurch, dass sie Katalysatoren mit Baugruppen ausstatten, die bremsend beziehungsweise beschleunigend wirken.

          Die Forscher haben den neuen Katalyse-Mechanismus an dreizehn verschiedenen Epoxiden getestet. Die Reaktionsgemische wurden bei 75 Grad mit Wasserstoffgas bei einem Druck von sieben Bar rund drei Tage lang behandelt. Es ergaben sich dabei beträchtliche Ausbeuten von bis zu 95 Prozent. Nach Aussagen der Wissenschaftler weist das neue Syntheseverfahren eine hohe Ökonomie auf atomarer Ebene auf. Die Metall-Katalysatoren müssen nur in geringen Mengen zugesetzt werden, damit eine Epoxid-Verbindung und Wasserstoff fast vollständig zu Alkohol reagieren.

          Ein bislang häufig genutzter Weg zu Anti-Markownikow-Alkoholen ist die sogenannte Hydroborierung. Diese Reaktion ist komplex und benötigt größere Mengen an giftigen Boranen. Deshalb sucht man schon länger nach einfacheren und weniger die umweltbelastenden Verfahren. Vor fünf Jahren hatten Gansäuser und Norton die Idee für ihre schonende und nachhaltige Synthese.

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