Glosse : Ein Roboter wird Lehrer
- -Aktualisiert am
Hallo ich bin Nao, Euer neuer Lehrer. Bild: Emote
Maschinenwesen, die Kinder unterrichten? Geht das überhaupt? Eine EU-Projekt hat den Versuch gestartet und will Robotern zu mehr Empathie verhelfen.
Nao ist ein äußerst schlauer und bescheidener Alleskönner, dessen runder Kopf immer freundlich dreinblickt. Er kennt keine Arbeitszeiten, keinen Stress und verlangt keinerlei Bezahlung für seine Dienste. Kein Wunder, denn Nao ist ein humanoider Roboter der neuesten Generation. Im Kopf sitzt der Prozessor, die Ohren sind zwei Lautsprecher, und in der Stirn steckt eine Kamera. Bislang hat das knapp sechzig Zentimeter große und überaus gelenkige Maschinenwesen vor allem beim Roboterfußball als Stürmer, Torwart oder Verteidiger brilliert. Doch Nao hat vom Kicken genug und sucht nun einen anspruchsvolleren Job.
Denn seine Erbauer haben ihn aufgerüstet, ihm reichlich Hirnschmalz eingehaucht und eine Stimme gegeben. Aber nicht irgendeinen Job will Nao. Nein, er will Lehrer werden. Sein erstes Engagement hat er im Rahmen des interdisziplinären EU-Projekts „Emote“ seit kurzem als Mathe- und Erdkundelehrer. Dort soll er zeigen, ob er überhaupt das Zeug zum Pauker hat, also ob er mehr kann, als nur Lernstoff vermitteln und abfragen. Nao soll nach seiner Ausbildung auch empathisch mit seinen Schülern interagieren und deren emotionale Signale deuten können - Fähigkeiten, an denen es vielen seiner menschlichen Kollegen bisweilen mangelt. Derzeit übt sich Nao im Einzelunterricht mit Acht- bis Elfjährigen in Erdkunde. Dabei sitzt ihm ein Schüler gegenüber, der ein überdimensionales iPad vor sich hat, auf dessen Display eine Landkarte zu sehen ist.
Bitte, ein klein wenig mehr Einfühlungsvermögen
Auf Anweisung des Roboters geht der Schüler auf Schatzsuche - mal nach Norden oder Süden, dann nach Osten oder Westen - und lernt so die Himmelsrichtungen kennen. Nao spricht mit seinem Gegenüber, gestikuliert dabei mit seinen Armen und sagt, ob eine Antwort falsch oder richtig ist. Die Schüler sind begeistert, schwärmt der Projektleiter Arvid Kappas von der Jacobs Universität in Bremen. Sie nähmen den Roboter ernst, er motiviere sie zum Lernen.
Allerdings steckt in ihm noch immer der Automat der alten Schule. Dadurch kann Nao nicht erkennen, ob ein Kind generelle Lernschwierigkeiten hat und deshalb eine falsche Antwort gibt. Einen Sachverhalt noch einmal zu erklären, kommt dem künstliche Tutor nicht in den Sinn. Das wollen die Forscher von Emote ändern. Der Roboter der Zukunft soll einschätzen können, ob sich ein Kind langweilt oder ob es überfordert ist. Er soll in der Lage sein, an der Körperhaltung oder an der Mimik die Befindlichkeit des Schülers abzulesen und mit Gesten und Worten auf sein Gegenüber entsprechend einzugehen.
Nao muss offenkundig noch sehr viel lernen, bevor man ihn auf die Schüler loslassen und als zusätzliches Instrument bei der Unterrichtsgestaltung nutzen kann. Allerdings kann er allenfalls mit einer kleinen Gruppe Schüler gut arbeiten. Bei einer ganzen Klasse sei er heillos überfordert. Ein bekanntes Manko, das er mit vielen seiner menschlichen Kollegen teilt.