Optoelektronik : Erleuchtung im Computerchip
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Dwarfs Causeway: Kristallsäulen aus Germanium und Silicium, etwa einen halben Mikrometer dick. Die Aufnahme entstand unter einem Elektronenmikroskop und ist daher im Original ohne Farbe. Bild: Foto E. Fadaly
Jahrzehnte träumen Computerbauer davon, ihrem Lieblingshalbleiter Silicium beizubringen, Licht und elektrischen Strom direkt ineinander umzuwandeln. Nun scheint das Ziel greifbar.
Alljährlich kürt die physikalische Zeitschrift Physics World, das Mitgliedermagazin der britischen physikalischen Gesellschaft, den „Durchbruch des Jahres“ auf dem Gebiet der Physik. Kaum von der Öffentlichkeit wahrgenommen, wurde dieser Titel im Dezember einer Forschungsarbeit zuerkannt, die ein Dauerproblem der Elektronikbranche lösen könnte: Silicium, das sonst so flexible Halbleiterbaumaterial, versteht sich nicht mit Licht. Genauer gesagt, es tut sich sehr schwer, Licht in elektrischen Strom umzuwandeln – und umgekehrt.
Warum funktionieren dann Photovoltaikanlagen aus Silicium? „Das geht nur, weil es sehr dicke Siliciumschichten sind“, erklärt Silvana Botti von der Universität Jena. Die Materialmenge kann die Ineffizienz einigermaßen ausgleichen. Bei den winzigen Bauelementen der Mikroelektronik funktioniert das nicht mehr. Hier versagt Silicium, und das will Botti ändern. Innerhalb der Kooperation, welcher der prämierte Durchbruch gelang, ist sie für die theoretische Berechnung elektronischer Materialeigenschaften zuständig. Und tatsächlich zeichnet sich nun eine Lösung in Gestalt einer neuen Form siliciumhaltiger Halbleiterkristalle ab. Sie bestehen aus sechseckigen Kristallsäulen mit einem Durchmesser von bis zu einem Mikrometer (millionstel Meter), die an mikroskopische Basaltsäulen erinnern.
Um aber zu verstehen, warum diese „Nanodrähte“, wie sie im Fachjargon heißen, zum Ziel führen sollen, muss man sich die aktuelle Situation in der Elektronikwelt anschauen. Dort erfordern optoelektronische Bauelemente – also Foto-, Leucht- und Laserdioden –andere Halbleitermaterialien, allen voran Galliumarsenid. Dummerweise ist das ungefähr so inkompatibel mit Silicium wie eine metrische Schraube mit einem Zoll-Gewinde. Daher sind optoelektronische Bauelemente nicht direkt in Siliciumchips integrierbar, und mit diesem technologischen Bremsklotz sind wir tagtäglich im Umgang mit Computern konfrontiert – ohne es zu ahnen.
Licht ist schneller als Strom
„Nachdem die Prozessoren in den 90er Jahren immer schneller geworden sind, kleben sie seit den frühen 2000er Jahren mit ihrer Taktfrequenz im Bereich von maximal drei bis vier Gigahertz fest“, sagt Erik Bakkers von der Universität Eindhoven, der Leiter der Kooperation. Dieses Problem ist zwar nicht so berühmt wie das drohende Ende des Moore’schen Gesetzes, welches den Miniaturisierungsfortschritt elektronischer Bauteile seit einem halben Jahrhundert zutreffend beschreibt. Doch als Fortschrittsbremse ist es inzwischen fast noch drückender.
Das Problem hat zwei Ursachen, sagt Bakkers: zum einen die Verluste durch den Widerstand der mikroskopischen Leitungen. „Außerdem verzögert der elektrische Widerstand den Stromfluss.“ Beide Probleme wären lösbar, könnte man besonders die längeren Leitungen in den Prozessoren von Strom auf Licht umstellen. Das ginge aber nur mit optoelektronischen Bauelementen, welche die fließenden Bits von ihren vergleichsweise lahmen Elektronen-Shuttles in ein Schnellbahnnetz aus Licht und zurück umsteigen ließen. Das wäre fast eine Mikroversion der Technik, die im weltumspannenden Glasfasernetz längst etabliert ist. Doch es erfordert eine in Siliciumchips integrierbare Optoelektronik. Dabei würden die eigentlichen Transistoren nach wie vor mit Elektronen arbeiten, denn hier ist die heutige Hochtechnologie mit ihren teils nur noch wenige Nanometer (milliardstel Meter) winzigen Strukturen im Vorteil.