Elektromobilität : Akkus im produktiven Ruhestand
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Altersheim für Akkus: In der Speicherfarm des BMW-Werkes in Leipzig machen sich ehemals in i3-Modellen verbaute Lithium-Ionen-Zellen noch einmal nützlich. Bild: Christoph Busse
Wenn die Batterie eines Elektroautos zu alt für den Straßenverkehr geworden ist, soll sie ins Recycling. Doch es gibt Alternativen.
Schon nach acht bis zehn Jahren wird die Batterie eines Elektroautos ausrangiert. Brachte sie bis dahin stets konstante Leistung, müssen Autobesitzer nun immer häufiger zur Ladesäule – und dort immer längere Zeit verbringen. Die Speicherkapazität sinkt, und das Einschalten von Licht oder Klimaanlage lässt die Reichweite zusammenschnurren, dabei halten Lithium-Ionen-Akkus eigentlich wesentlich länger. Doch diesen wegen ihrer vergleichsweise hohen Energiedichte für Elektromobile favorisierten Stromspeichern macht die Belastung darin, der Stress, zu schaffen.
Ideale Einsatzbedingungen wären konstante Temperaturen um die 20 Grad Celsius und ein gleichmäßiger Wechsel von Be- und Entladung. Der Alltag einer Traktionsbatterie sieht aber anders aus. Andauernd werden unterschiedliche Leistungen abgerufen, vom Stop-and-Go in der Stadt über entspanntes Fahren auf Landstraßen bis hin zu kurzen, aber energieintensiven Überholvorgängen. Auch die Rückführung von Energie in den Akku ist Schwankungen unterworfen: Je nach Ladesäulentechnologie werden die Akkus mit unterschiedlichen Stromstärken geladen, und auch im Fahrbetrieb wird beim Bremsen und Bergabfahren kinetische Energie in elektrochemische zurückverwandelt.
In Elektroautos verbaute Batteriepacks beherbergen daher nicht nur die Batteriezellen selbst, sondern auch eine komplexe Steuerelektronik zur Koordination der Lade- und Entladevorgänge sowie Komponenten, um die Temperatur der Zellen zu überwachen und einen bestimmten Arbeitsbereich zu halten. All dies kann den Alterungsprozess der Batteriezellen aber nicht dauerhaft aufhalten, denn zusätzlich zu zyklischen Alltagsbelastungen nagen an ihnen noch andere Prozesse. Wird eine geladene Batterie beispielsweise für einen längeren Zeitraum nicht genutzt, so altert sie schneller als im Regelbetrieb.
Was also tun mit final gestressten Akkus am Ende ihrer Lebenszeit? Grundsätzlich fordert das Batteriegesetz, Traktionsbatterien dem Recycling zuzuführen. Immerhin können damit bis zu neunzig Prozent der Materialien wiederverwendet werden. Recycling ist jedoch aufwendig. Das beginnt schon bei Transport und Lagerung, denn Lithium-Ionen-Akkus gelten als Gefahrgut. Zerlegt werden sie derzeit überwiegend manuell, denn für eine maschinelle Demontage müssten sich Hersteller auf einheitliche Akku-Typen verständigen.
Auch lassen sich nicht alle Komponenten einer Traktionsbatterieeinheit so einfach demontieren. Was nicht getrennt werden kann, muss geschreddert oder eingeschmolzen werden, und vor allem Letzteres verbraucht viel Energie. So erstaunt es nicht, dass die Branche nach Alternativen zum Recycling sucht. Wenn die Hersteller nach jenen acht bis zehn Jahren Nutzungsdauer zu einem proaktiven Austausch der Akkus raten, weil deren Performance rückläufig ist, besitzen diese aber rein rechnerisch immer noch gut drei Viertel ihrer Leistungsfähigkeit. Sie könnten noch bis zu zwanzig Jahre Dienst tun, sofern sie unter stressarmen Bedingungen eingesetzt werden – in einem „Second Life“.