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Allgemeine Relativitätstheorie : Das schönste aller Naturgesetze

Die Bewegungsgleichung eines ansonsten kräftefreien Körpers im Schwerefeld. Dieses erscheint hier als Raumkrümmung, deren Geometrie sich in dem großen Gamma verbirgt. Bild: Einstein Archiv, Hebräische Universität Jerusalem

Geburtstag von Einsteins Theorie der Schwerkraft diskutieren Physiker und Historiker, wie es dazu kam und was nun daraus werden soll.

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          Es hätte prima gepasst. Vor fünf Wochen machte auf Twitter das Gerücht die Runde, eine Anlage namens Laser Interferometer Gravitation Wave Observatory (Ligo) mit zwei Standorten in den amerikanischen Bundesstaaten Washington und Louisiana hätte eine noch nie gesehene Art von Strahlung aus dem Universum aufgefangen, sogenannte Gravitationswellen. Wenn die Ligo-Wissenschaftler das Gerücht hätten bestätigen können, dann hätte sich die moderne Gravitationsphysik damit ihr denkbar größtes Geburtstagsgeschenk gemacht. Sie ist nämlich gerade hundert Jahre alt geworden.

          Ulf von Rauchhaupt
          Redakteur im Ressort „Wissenschaft“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Am 25. November 1915 legte Albert Einstein der preußischen Akademie der Wissenschaften den letzten und entscheidenden Teil einer vierteiligen Artikelserie vor, mit der er seine Spezielle Relativitätstheorie zu einer umfassenden Lehre der Schwerkraft ausbaute. Der Satz von Grundgleichungen gilt als das schönste aller Naturgesetze und als die bedeutendste wissenschaftliche Einzelleistung der Neuzeit. Einstein degradierte damit die ehrwürdige Lehre Newtons zum Spezialfall und katapultierte sich selbst in den Rang eines Jahrhundertgenies. Alle ihre Voraussagen haben sich auf das Genaueste bestätigt. Bis auf eine: die Existenz der Gravitationswellen.

          Leistungsschau der Experimentatoren

          Doch gefeiert wurde auch so. Vergangene Woche hielten im Berliner Harnack-Haus die Max-Planck-Institute für Gravitationsphysik und Wissenschaftsgeschichte zwei ineinander übergehende Tagungen über Gegenwart und Geschichte der Einsteinschen Errungenschaft ab. Illustre Vertreter beider Fächer gaben sich die Ehre. Und ein kleines Geburtstagsgeschenk gab es auch: Am Mittwoch startete die Sonde „Lisa Pathfinder“ von französisch Guyana ins All. Mit ihr werden Techniken getestet, die um das Jahr 2030 herum in einem weltraumgestützten Gravitationswellendetektor zum Einsatz kommen sollen.

          Natürlich wurde auch die Theorie auf der Berliner Tagung bejubelt. Die Leistungsschau umfasste Berichte wie den von Eric Adelberger von der University of Washington in Seattle, der zeigte, wie präzise die Gravitationsgesetze heute experimentell bestätigt sind. Einstein hatte sie auf dem Postulat aufgebaut, dass schwere und träge Masse – also das, was den Astronauten in einer noch an der Rampe stehenden Rakete am Boden hält und das, was ihn in den Sessel drückt, wenn die Rakete beschleunigt – ein und dasselbe ist. Adelberger hat das nachgemessen. Es stimmt auf 13 Stellen nach dem Komma genau.

          Schwere Masse ist träge Masse

          Auch das theoretische Verständnis hat enorme Fortschritte gemacht. Die Einsteinschen Gleichungen haben Eigenschaften, aus denen sich eine ungeheuer komplexe, aber auch reichhaltige mathematische Landschaft ergibt. Sie auf Supercomputern zu lösen, ist heute zu einem eigenen Forschungszweig geworden. Damit lässt sich etwa erforschen, was nach Einstein passiert, wenn zwei Neutronensterne kollidieren. Und wie Thibault Damour vom Pariser Institut des Hauses Etudes vorführte, wird auch die Kunst, derlei mit Bleistift und Papier auszurechnen, ständig weiterentwickelt.

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