Drei Preisträger : Physik-Nobelpreis für die Erforschung von Materiezuständen
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Den Nobelpreis für Physik teilen sich 2016 drei Wissenschaftler Bild: AFP
Materie kann nicht nur gasförmig, flüssig oder fest sein. Es gibt auch exotischere Zustände. Entscheidende Theorien dazu haben drei Physiker entwickelt, die dafür nun den Nobelpreis erhalten.
Der Nobelpreis für Physik geht in diesem Jahr an David Thouless, Duncan Haldane und Michael Kosterlitz für die Erforschung exotischer Materiezustände. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm mit.
„Die Preisträger haben mit ihren Arbeiten die Tür zu einer Welt aufgestoßen, in der Materie exotische Zustände annehmen kann“, heißt es in der Begründung der Jury. Die drei bekanntesten Zustände von Materie kennt jeder: gasförmig, flüssig, fest. Unter bestimmten Bedingungen kann Materie aber auch exotischere Zustände annehmen und ungewöhnliche Eigenschaften entwickeln.
Dazu gehören beispielsweise sogenannte Superkonduktoren, in denen Strom besonders leicht fließen kann, aber auch sogenannte Superfluide oder dünne magnetische Schichten. Mit ihren Theorien machen es Thouless, Haldane und Kosterlitz möglich, diese Phänomene zu erklären. „Dank ihrer Pionierarbeit ist die Jagd auf neue und exotische Zustände von Materie eröffnet“, teilte die Nobel-Jury mit. Auf den Arbeiten der drei gebürtigen Briten ruhen große Hoffnungen. Praktische Relevanz könnten die Arbeiten für Quantencomputer haben.
„Ihre Arbeit, die ungewöhnliche Zustände von Materie unter die Lupe nimmt, könnte zu neuen Materialien führen, die neuartige Anwendungen in der Materialwissenschaften und der Elektronik möglich machen“, erklärte Robert Brown, Geschäftsführer des Amerikanischen Instituts für Physik. „Es gibt die Hoffnung, dass man elektronische Zustände findet, die besonders robust gegen Störungen von außen sind“, sagte Henning Riechert vom Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik in Berlin.
Preis für Grundlagentheorie
Es sei für ihn völlig überraschend, dass der Preis für Grundlagentheorie vergeben wurde, „die vielleicht irgendwann einmal angewendet wird“, sagte Rolf-Dieter Heuer, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.
Preisträger Duncan Haldane hatte nicht mit der renommierten Auszeichnung gerechnet. „Ich war sehr, sehr überrascht und sehr dankbar“, sagte Haldane, der nach der Preisverkündung in Stockholm am Dienstag per Telefon zugeschaltet war. Gemeinsam mit David Thouless und Michael Kosterlitz wird der gebürtige Brite für seine theoretischen Arbeiten zum Zustand von Materie geehrt. „Es war wie bei vielen Entdeckungen: Du stolperst über sie und musst einfach begreifen, dass du dort etwas sehr Interessantes gefunden hast“, sagte Haldane. Eine halbe Stunde zuvor hatte er erfahren, dass ihm die Auszeichnung zuerkannt worden war.
830.000 Euro Preisgeld
Die höchste Auszeichnung für Physiker ist mit umgerechnet etwa 830.000 Euro (8 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert.David J. Thouless, ein Physiker aus Schottland, der heute an der Universität von Washington lehrt, erhielt eine Hälfte des Preises.
Die andere Hälfte teilen sich die britischen Physiker F. Duncan M. Haldane, der heute an der Universität in Princeton lehrt und J. Michael Kosterlitz, der an der Brown University in Providence forscht.
Stockholm : Thouless, Haldane und Kosterlitz mit Physik-Nobelpreis ausgezeichnet
Seit 1901 haben 200 Forscher den Physiknobelpreis erhalten, der Amerikaner John Bardeen sogar zweifach. Die erste Auszeichnung erhielt der deutsche Physiker Wilhelm Conrad Röntgen für die Entdeckung der später nach ihm benannten Strahlen.
Der jüngste Preisträger war der damals 25-jährige Lawrence Bragg der Preis 1915 zusammen mit seinem Vater erhielt. Der älteste war mit 88 Jahren der amerikanische Forscher Raymond Davis, der unter anderem kosmische Neutrinos nachgewiesen. Der Preis ging nur an zwei Frauen: Marie Curie und zuletzt 1963 an die deutsch-amerikanerische Forscherin
Maria Goeppert Mayer für Arbeiten zur Atomstruktur.
Den Nobelpreis-Reigen in diesem Jahr hatte traditionell die Auszeichnung für Medizin eröffnet, sie ging am Montag an den Japaner Yoshinori Ohsumi. Er wurde für seine Verdienste um die Erforschung der sogenannten Autophagie (Selbstverdauung) der Zellen ausgezeichnet.
Es folgen am Mittwoch der Preis für Chemie, bevor am Freitag der Friedensnobelpreis und am Montag der Wirtschaftsnobelpreis bekannt gegeben werden. Der Literaturnobelpreisträger wird am 13. Oktober verkündet.