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Dinosaurierjagd : „Ich spüre es, hier liegt der Kopf“

  • -Aktualisiert am

Die karge Steppe Argentiniens ist voller versteinerter Saurierknochen. Einige besonders spektakuläre Funde sind jetzt in Rosenheim zu sehen. Ein Besuch an ihrem Fundort, wo man durch die Wüste laufen und mit bloßem Auge Dinosaurier finden kann.

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          Neuquén, Argentinien. Der Barreales-See liegt azurblau in der roten Erde Patagoniens. Zwanzig Meter vom Ufer entfernt kauern fünf Männer unter einem schwarzen Schattennetz im Staub und schaben am Gestein. Krümel für Krümel kommen weißgraue, versteinerte Knochen zum Vorschein. „Wir sind nur noch Zentimeter vom Kopf entfernt“, sagt Juan Porfiri, Paläontologe am Centro Paleontologico Lago Barreales, 65 Kilometer nordwestlich der Provinzhauptstadt Neuquén. Porfiri legt seine Werkzeuge nur einen Moment weg, um Pasta aus einer Tupperdose zu essen, dann schabt er weiter Sedimente von den 90 Millionen Jahre alten Knochen.

          Argentinien hat sich in den letzten Jahren zum Eldorado für Dinosaurierjäger entwickelt. Hier wurde einer der größten Saurier überhaupt gefunden, der rund 38 Meter lange und 100 Tonnen schwere Argentinosaurus huinculensis. 1995 entthronte der Giganotosaurus carolinii den Tyrannosaurus rex als größtes Raubtier aller Zeiten - um 2006 seinerseits vom Mapusaurus roseae übertrumpft zu werden. „Argentinien darf sich der größten und der skurrilsten Saurier rühmen“, sagt Fernando Novas vom argentinischen Museum für Naturgeschichte in Buenos Aires, einer der führenden Paläontologen des Landes. „Die Funde hier verändern unser Wissen über Dinosaurier fundamental.“

          Für das größte Exemplar musste eigens eine Halle gebaut werden

          Bis vor kurzem fristeten die südlichen Saurier allerdings ein Mauerblümchendasein gegenüber ihren Verwandten aus dem Norden. T. rex und Velociraptor spielten die Hauptrollen in „Jurassic Park“ und sind als Gummifiguren in fast jedem Kinderzimmer zu finden. Um „ihren“ Fossilien zum verdienten Ruhm zu verhelfen, schicken nun sieben argentinische Museen ihre schönsten Stücke - darunter einige wertvolle Originale - auf Tour nach Europa. Die Ausstellung, die am Mittwoch in Rosenheim eröffnet, zeigt die Geschichte der „schrecklichen Echsen“ Argentiniens vom Trias bis zur Kreide: vom ältesten bis hin zum größten Exemplar, dem gewaltigen Argentinosaurus, für den eigens eine Halle gebaut werden musste.

          Viele Funde stammen aus dem dünnbesiedelten Patagonien. Die mit Dornbüschen bewachsene Steppe der Provinz Neuquén ist ein Paläontologen-Paradies. Der als Grabungshelfer tätige Geologiestudent Enzo Gerling watet Kühlung suchend ins glitzernde Seewasser. Plötzlich ruft er herüber: „Sauropodenknochen!“ Im knietiefen Wasser stecken Wirbel und Rippen im Fels. Sie gehören zu einem großen pflanzenfressenden Dinosaurier, der vor 90 Millionen Jahren in dem einst grünen Flusstal vom Schlamm zugedeckt wurde. Porfiri schaut einen Moment von seiner Feinarbeit an einem untertassengroßen Wirbelknochen auf. „So ist das Fossiliensuchen am Barreales-See“, sagt er, „hier ist es voll von Dinosauriern.“ Und beugt sich wieder über den Latinosaurus, wie er seinen jüngsten Fund getauft hat.

          „Ich habe wichtige und seltsame Funde gemacht

          Unter emsigem Hacken kommt das Urvieh langsam zum Vorschein: hier ein armlanger Oberschenkelknochen, dort ein Stück Kiefer mit Zähnen, dazu zwei Rippen und elf Wirbel, zum Entzücken der Paläontologen säuberlich am Stück fossilisiert. Es ist ein mittelgroßer Theropode, ein Fleischfresser von etwa acht Metern Länge, der hier vor Jahrmillionen jagte. „Ein so kompletter Theropode ist eine Seltenheit“, sagt Porfiri. Eifrig klopft Gerling mit Hammer und Meißel auf ein Stück Fels neben den Wirbeln. „Ich spüre es, hier liegt der Kopf.“ Der Kopf ist die Krönung jeder Ausgrabung, da er am meisten Informationen liefert.

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