https://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin-ernaehrung/wie-tief-in-der-narkose-traumatisches-erwachen-11767179.html

Wie tief in der Narkose? : Traumatisches Erwachen

  • -Aktualisiert am

Bild: dpa

Manche Patienten schlafen in der Narkose nicht tief genug. Mediziner aus Halle haben jetzt ein neues Verfahren entwickelt, um die Narkosetiefe zu bestimmen.

          1 Min.

          Vollnarkosen sind keineswegs immer „vollständig“. Schätzungsweise einer von hundert Patienten schläft bei der Operation nicht tief genug oder wacht verfrüht wieder auf. Solche Erlebnisse hinterlassen bei mehr als zwei Dritteln der Betroffenen schwerwiegende psychische Traumata. Die derzeit mangelhafte Bestimmung der Narkosetiefe lässt sich aber womöglich durch die Überwachung der elektrischen Muskelaktivität der Schlund- und Rachenmuskeln verbessern. Solch ein Elektromyogramm (EMG) zeigt früher als andere Verfahren an, wenn die Narkose nicht mehr ausreicht. Das ist das Ergebnis einer Studie der Universitätsklinik Halle, in der die Neurochirurgen Christian Strauss und Julian Prell eine zunächst zufällig gemachte Beobachtung systematisch überprüften. Während neurochirurgischer Operationen wird nämlich regelmäßig mittels EMG getestet, ob Nerven gefährdet sind.

          Den Neurochirurgen fiel zunächst auf, dass der Anästhesist mitunter keinerlei Anhaltspunkte fand, wenn ein Patient aufzuwachen drohte. Die Narkosetiefe wird üblicherweise mittels Pulsschlag, Blutdruck oder auch über spezielle Elektroden überwacht. Dennoch sind all diese Verfahren nicht immer verlässlich. In Halle wurde man nun darauf aufmerksam, dass das EMG zur Messung der Muskelaktivität der Hirnnerven, das ursprünglich überhaupt nicht die Narkosetiefe bestimmen sollte, regelmäßig vor dem Aufwachen charakteristische Muster aufwies. Diese Hirnnerven kommen aus dem Hirnstamm, der vor dem Aufwachen aktiv wird, was sich vermutlich in den Schlund- und Rachenmuskeln widerspiegelt.

          Breitere Anwendung wird geprüft

          Bei 23 Patienten wurde geprüft, was das für die Narkosetiefe bedeutet. Es zeigte sich, dass der Anästhesist durchschnittlich vier Minuten früher als mit herkömmlichen Verfahren einen klaren Hinweis erhält, dass sein Patient wach zu werden droht (“Journal of Neurosurgical Anesthesiology Bd. 24, S. 139). Besonders hilfreich ist dieser Vorsprung bei Operationen am Gehirn, an der Schilddrüse oder an der Wirbelsäule. Dort wird die Muskulatur nicht außer Gefecht gesetzt, denn sie spiegelt die Intaktheit der Nerven. Dann können selbst kleinste unerwartete Bewegungen großen Schaden anrichten. Eine verlässliche Narkoseüberwachung ist in solchen Fällen umso wichtiger. In Halle soll jetzt geprüft werden, inwieweit sich das neue System für eine breitere Anwendung standardisieren lässt.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.