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Ungewollte Schwangerschaften : Medizinische Leitlinie zu Abtreibungen

Die Tabletten zum Schwangerschaftsabbruch werden in Deutschland unter ärztlicher Aufsicht geschluckt. Bild: AP

Schwangerschaftsabbrüche sind für die Betroffenen – und ihre Ärzte und Ärztinnen – immer noch ein Stigma. Gut, dass es nun eine offizielle Leitlinie gibt, auch wenn medizinisch nicht viel Neues darin steht.

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          Wenn eine Frau beschließt, eine Schwangerschaft in den ersten zwölf Wochen abzubrechen, gibt es genaue Regeln – zumindest seitens des Gesetzes: Sie ist verpflichtet, sich bei einer Beratungsstelle aufklären zu lassen, und muss dann drei Tage bis zum Abbruch warten. Dazu muss sie sich an einen anderen als den beratenden Arzt wenden.

          Doch obwohl hierzulande jedes Jahr 100.000 Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, gibt es keine Anleitungen zu den medizinischen Aspekten. Wann Medikamente angezeigt sind oder ob eine Operation die bessere Wahl ist – dazu fehlte bislang eine offizielle Leitlinie. Bei anderen Behandlungen, etwa beim Herzinfarkt oder der Blasenentzündung, liefern diese den Ärzten evidenzbasierte Handlungsanweisungen.

          Nun wurde eine solche Leitlinie zu Schwangerschaftsabbrüchen im ersten Trimenon für den deutschsprachigen Raum vorgestellt. Aus medizinischer Sicht enthält sie keine großen Neuerungen. Zwar wird davon abgeraten, den Embryo mit einer Metallkürette abzutragen, was 2020 noch bei elf Prozent der Frauen gemacht wurde.

          Zudem wird auf die zunehmend schlechtere Versorgungssituation aufmerksam gemacht, die Zahl der Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, hat sich seit 2003 fast halbiert, während die Zahl der Eingriffe nur um 26 Prozent abnahm.

          Der eigentliche Wert der Leitlinie ist symbolischer Natur. Denn sie liefert Sicherheit für Ärzte und Patientinnen und trägt dazu bei, das Stigma, das Abtreibungen noch immer innewohnt, zu schmälern. Aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation gelten weltweit nur die Hälfte der Abtreibungen als sicher, jedes Jahr sterben dabei rund 50.000 Frauen. Umso wichtiger ist es, dass zumindest in Deutschland alles getan wird, um die Gesundheit der Frauen zu schützen.

          Johanna Kuroczik
          Redakteurin im Ressort „Wissenschaft“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

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