Wie Magersucht das Gehirn angreift
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Das Hungern verändert alles: Können die neurologischen Folgen bald durch Bluttests aufgedeckt werden? Bild: Your_Photo_Today
Starkes Untergewicht hinterlässt Spuren nicht nur im Verhalten, sondern auch im Nervengewebe und im Denken der Betroffenen. Forscher sind dabei, die Zusammenhänge besser zu verstehen.
Magersüchtige sind in der Pandemie in einem besonderen Ausnahmezustand. Ein Kennzeichen der Anorexie ist nämlich, dass die kognitive Flexibilität der Betroffenen so eingeschränkt ist, dass sie umso schwerer an ihrem Verhalten leiden, je mehr Verhaltensänderungen gefordert sind. Die Betroffenen halten starr an ihren gewohnten Verhaltensweisen fest und können sich nicht so gut auf neue Situationen einstellen. Müssen sie das zwangsweise – etwa weil sie wegen der Pandemie nicht mehr schwimmen dürfen oder weil ihr Tagesablauf im Homeoffice völlig durcheinandergerät –, löst das starke Unruhe und Angst aus.
Wie es dazu kommen kann, haben nun Wissenschaftler von der Universität Jena näher erforscht. Demnach könnte die Quelle für den Verlust an Flexibilität im autonomen Nervensystem liegen. Das Team um Karl-Jürgen Bär, Direktor der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, untersuchte 16 Magersüchtige und 21 Gesunde zwischen 17 und 33 Jahren. In einem Reaktionstest am Computer zeigten die Teilnehmer zwar alle ähnliche Reaktionszeiten. Aber bei den Magersüchtigen änderte sich die Hautleitfähigkeit nicht, wenn sie mal einen Fehler machten. Das weist darauf hin, dass ihr autonomes Nervensystem nicht adäquat reagiert. Ein Vergleich liegt nahe: Während ein gesunder Mensch sich erschrickt, wenn er einen Fehler macht und sein Nervensystem „hochgefahren“ wird, um es beim nächsten Mal besser zu machen, können das die Magersüchtigen nicht.
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