Vielfalt durch GPCR : Das ist das Signal für große Medikamente
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Arzneien-Vielfalt durch eine entscheidende Entdeckung. Bild: ddp
Sie gehören schon jetzt zu den erfolgreichsten und vielseitigsten Arzneimitteln: Wirkstoffe, die auf den Zellen an G-Protein-gekoppelte Rezeptoren binden. Und da ist noch viel mehr drin für die personalisierte Medizin.
Es mag makaber klingen: Aber hätte es den Vietnam-Krieg nicht gegeben, gäbe es jetzt womöglich nicht so viele wirksame Medikamente. Es geht hier um einen Forscher und eine spezielle Gruppe von Wirkstoffen, nämlich solche, die an G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (GPCRs) binden und dort wirken. Diese Rezeptoren sind elementare Andockstellen in der Zellmembran. Hat das Medikament erst einmal daran gebunden, wird eine Reihe von Signalen in der Zelle getriggert, was abhängig vom Gewebe letztendlich Schmerzen lindert, den Blutdruck senkt oder andere physiologische Wirkungen vermittelt.
Der Amerikaner Robert Lefkowitz wies diese Rezeptoren auf der Zelloberfläche nach und bekam dafür gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Brian Kobilka im Jahre 2012 den Nobelpreis für Chemie. „GPCRs haben sich als eine der erfolgreichsten Ziele etabliert“, sagt Gebhard Schertler, Biochemiker am Paul-Scherrer Institut, dem größten Forschungsinstitut für Natur- und Ingenieurwissenschaften in der Schweiz, „und es eröffnen sich immer neue Anwendungsfelder, weshalb GPCR-Medikamente auch in den nächsten zehn Jahren eine enorm große Rolle spielen werden.“
Eigentlich wollte Lefkowitz Kardiologe werden, „Arzt mit Leib und Seele und nichts mit Forschung“, wie er jüngst am Rande der Nobelpreisträger-Tagung in Lindau erzählte. Doch dann brach der Vietnam-Krieg aus, und weil er partout keinen Militärdienst leisten wollte, bewarb er sich an den Nationalen Gesundheitsinstituten (NIH) der Vereinigten Staaten und kam dort in Kontakt mit der Forschung. Zwei Jahre später wechselte Lefkowitz an die Duke-Universität, wo er Stress-Rezeptoren am Herzen studierte.
Schon Ende des 19. Jahrhunderts vermuteten Forscher, das Stresshormon Adrenalin wirke über Nervenfasern, doch als sie das Nervensystem lahmlegten, wirkte Adrenalin immer noch. Die Schlußfolgerung lautete: Zellen müssen Rezeptoren haben, mit denen sie Adrenalin und andere Botenstoffe wahrnehmen können. Aber wie diese Rezeptoren aussehen und funktionieren, blieb für viele Jahrzehnte unklar. Auch wenn diese Wissenslücke nicht gefüllt werden konnte, entwickelte der britische Pharmakologe James Black in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts dennoch die ersten Medikamente, die die Rezeptoren blockieren. Solche Betablocker werden noch heute standardmässig bei koronarer Herzkrankheit oder Herzschwäche eingesetzt. Erst Robert Lefkowitz gelang es später, die Rezeptoren nachzuweisen: Er baute radioaktive Atome in Adrenalin und Betablocker ein und fand anhand der Signale die entscheidenden Andockstellen auf der Zelle.