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Streit um Globuli : Warum Homöopathie als wirksam beworben werden darf

Je höher verdünnt, desto stärker sollen Globuli nach Ansicht von Homöopathen wirken. Bild: Dieter Rüchel

Studien belegen keine Wirkung der Homöopathie – aber wegen eines Gesetzes von 1976 dürfen Firmen dennoch mit angeblichen Effekten werben. Wie kann das sein?

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          Dass immer mehr Ärztekammern sich von Weiterbildungen und der Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ verabschieden, mit der Ärzte am Praxisschild werben dürfen, ist eher ein symbolischer Schritt – gab es zuletzt ohnehin sehr wenig Interesse hieran. Dennoch sorgt er derzeit für hitzige Diskussionen, so bei den Grünen: Ein „Kreuzzug“ werde gegen die Homöopathie gefahren, erklärte deren Landesvorsitzende in Baden-Württemberg Lena Schwelling – die dortige Ärztekammer will diese Zusatzbezeichnungen als 13. der 17 deutschen Kammern nicht weiter ausstellen. Für den grünen Landesgesundheitsminister Manne Lucha ist es „das absolut falsche Signal“, sein Haus werde den Vorgang „genau prüfen“, sagte er der „Südwest Presse“. Kontra gibt es von der Bundesebene: Paula Piechotta, Grünen-Arzneimittelexpertin im Bundestag, erklärte, Schwelling habe „null Re­spekt“ vor ärztlicher Selbstverwaltung und Wissenschaft. Ihre Aussage, es gebe „eine ganze Reihe klinischer Studien, die eine Wirkung der Homöopathie belegen“, sei eine Falschinformation.

          Hinnerk Feldwisch-Drentrup
          Redakteur im Ressort „Natur und Wissenschaft“.

          Wissenschaftlich betrachtet hat Piechotta recht. Zwar berichten einige Homöopathie-Studien von einer Wirkung über dem Placebo-Effekt. Doch um zu beweisen, dass die vor gut 200 Jahren vom Arzt Samuel Hahnemann erfundene, auf rituellen Verdünnungen basierende und vermeintlich „Ähnliches mit Ähnlichem“ heilende Lehre tatsächlich wirksam ist, sind einzelne Studien nicht aussagekräftig. Denn generell gilt: Wird in Studien eine Frage untersucht – ob etwa ein Arzneimittel das Überleben von Patienten im Vergleich zur Gabe von Placebos verlängert –, kann es immer auch zu einem falsch-positiven Ergebnis kommen. Mit den Mitteln der Statistik versuchen Forscher zwar, die Wahrscheinlichkeit hierfür klein zu halten, doch ist sie nicht null. Mit der Zahl der Studien steigt dadurch das Risiko, über eine Wirkung zu berichten, die vermeintlich den Placeboeffekt übertreffe – obwohl es sich dabei aber lediglich um ein statistisches Artefakt handelt.

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