Darmentzündung : Fremde Flora für den Notfall
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Sieht hübsch aus, ist aber keine Kunst: Das Bakterium Cholstridium difficile löst schwere Darmerkrankungen aus Bild: Science Photo Library
Ob Abspeckkur oder chronische Darmkrankheit – eine Stuhltransplantation soll neuerdings als Allheilmittel helfen. Aber die Therapie zeigt bisher nur bei einem Leiden klare Erfolge.
Im Krankenbericht notierten ihre Ärzte heftige Bauchschmerzen und eine andauernde „explosive, wässrige“ Diarrhöe. Die Patientin, eine 66-jährige Kanadierin, hatte viel Gewicht verloren, denn die Durchfälle quälten sie seit Monaten. Der Laborbefund bestätigte, dass die Frau unter einer pseudomembranösen Kolitis litt, einer schweren Darmentzündung. Ausgelöst durch eine Infektion mit dem Bakterium Clostridium difficile, eine gar nicht so seltene Nebenwirkung nach einer Behandlung mit Antibiotika. Der Fall erregte in Fachkreisen trotzdem Aufmerksamkeit, denn was die Patientin 2012 rettete, war kein neuartiges Medikament, sondern eine Stuhlprobe ihrer Tochter und ihres Mannes oder vielmehr die darin enthaltenen Bakterien.
Eine solche Stuhltransplantation galt damals noch als therapeutisches Experiment. Mittlerweile wird sie an amerikanischen Kliniken regelmäßig durchgeführt, und auch in Deutschland steht sie mehr und mehr im Fokus der Internisten. Manche feiern sie fast als Allheilmittel, andere bleiben skeptisch. Nun verschärft der Tod eines Amerikaners nach einer Stuhlverpflanzung die Diskussion.
Was die umstrittene Therapie überhaupt notwendig macht, wird von Forschern kurz C. diff genannt. Clostridium difficile ist eine Sauerstoff meidende Mikrobe und in der Umwelt allgegenwärtig. Ihre recht widerstandsfähigen Sporen finden sich im Boden und in Gewässern, aber auch im Gedärm von Tier und Mensch ist C. diff nachweisbar. Übertragen wird es meist fäkal-oral, andererseits wurden Sporen schon in der Raumluft nachgewiesen. Und zwar dort, wo viele geschwächte Menschen auf engem Raum zusammenfinden: C. diff ist ein klassischer Krankenhauskeim. Besonders häufig sind Langzeitpatienten und Mitarbeiter von Kliniken oder Altenheimen befallen. In geringer Zahl können Clostridien als Teil einer normalen Darmflora durchgehen, sie verursachen dann auch keine Symptome. Zum Problem wird eine solche Kolonisierung jedoch, wenn sich die Erreger unkontrolliert ausbreiten. Dann produzieren sie Giftstoffe, welche eine mit heftigen Durchfällen einhergehende Darmentzündung auslösen, die bei alten oder geschwächten Patienten lebensgefährlich werden kann.
Alles begann mit einer Zahnbehandlung
Zu derartigen Komplikationen kommt es meist dann, wenn Antibiotika das komplexe Ökosystem im Darm durcheinanderbringen. Dank dieser Arzneistoffe lassen sich bakterielle Killer wie Pest und Cholera bekämpfen. Doch Antibiotika töten nicht nur die Krankheitserreger, auf die sie angesetzt wurden, sondern außerdem einen Großteil der Billionen von harmlosen oder gar nützlichen Bakterien im Darm. Normalerweise erholt sich das Mikrobiom nach der Radikalkur wieder, doch der Fall der Kanadierin zeigt, dass dies nicht immer der Fall ist. Sie hatte im Rahmen einer Zahnbehandlung Antibiotika eingenommen.