Mängelliste statt Erfolge : Woran Klimaanpassung bislang scheitert
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Überschwemmung nach einem monsunartigen Wolkenbruchs: Highway 78 südlich von Borrego Springs in San Diego, Juli 2013. Bild: National Oceanic and Atmospheric Administration
Vor dem IPCC-Teilbericht III: Bei der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung hakt es an allen Stellen. Venedig droht als Beispiel für teurer Fehlplanung zu enden.
Longyearbyen gehört zu den Orten, an denen sich der Klimawandel weltweit besonders stark auswirkt. Der größte Ort Spitzbergens, erzählt John Haugen aus der Stadtverwaltung, kämpft seit Jahren gegen eine Erwärmung an, die mehr als doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt ausfällt. „Der Schutz gegen die Folgen des Klimawandels ist hier ein täglicher Überlebenskampf“, sagt Haugen. Permafrostböden tauen auf, die Lawinengefahr steigt an, die Struktur ganzer Ökosysteme werde auf den Kopf gestellt. Sollen die Infrastruktur und Bewohner Spitzbergens geschützt werden, ist Klimaanpassung eine unabdingbare Notwendigkeit.
Lange erhielt das Thema Anpassung wenig öffentliche Aufmerksamkeit. Der vierte Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC enthielt im Jahr 2007 ein einziges Kapitel zu Adaptionsmaßnahmen. In Bericht Nummer fünf waren es schon vier Kapitel, ehe das Thema in der aktuellsten und im Februar vorgestellten Veröffentlichung der Arbeitsgruppe II endgültig zu einem roten Faden der Klimapolitik geworden ist. „Lange Zeit hatten viele Experten Angst, dass Anpassungsmaßnahmen in erster Linie die notwendige Diskussion über Emissionssenkungen ausblenden würden“, sagt Patrick Verkooijen, Vorsitzender des „Global Center for Adaptation“ mit Sitz in den Niederlanden. „Jetzt ist klar, dass sich diese Frage nicht mehr stellt. Dass wir einen weltweiten Klimanotstand haben, ist offensichtlich.“
Zu langsame Fortschritte
Die Fortschritte im Bereich Klimaanpassung klingen erst einmal gar nicht so schlecht: In allen Weltregionen und Sektoren, heißt es im IPCC-Bericht, nehme der Umfang an entsprechenden Maßnahmen zu. 79 Prozent aller Staaten haben mindestens ein nationales Instrument zur Adaptionsplanung geschaffen, berichtete bereits im vergangenen Jahr der „Adaptation Gap Report“ der Vereinten Nationen. Sieben Prozent davon waren innerhalb eines Jahres dazugekommen. Noch besser liest sich, dass 70 statt 43 Prozent der Staaten ziviligesellschaftliche Akteure in die Planungsprozesse miteinbeziehen und 73 statt 52 Prozent auf Gender-Aspekte achten. Innovative Positivbeispiele wie die Bemühungen der Stadt Amsterdam weisen den Weg in die Zukunft: „Wir versuchen, intern und extern die größtmögliche Aufmerksamkeit für das Thema zu schaffen“, sagt der Stadtbeamte Nika Haspels. Man schaffe eine kreative Infrastruktur aus lebenden Reallaboren, was unter anderem die Begrünung von Gebäuden sowie die Entsiegelung großer Flächen mit einschließt.
Aber: Die globalen Bemühungen sind bei weitem nicht ausreichend. „Klimaanpassung geschieht durchaus – aber zu wenig und zu langsam“, sagt Verkooijen. Ein Großteil der beobachteten Projekte, schreibt der IPCC, sei fragmentiert, schwer skalierbar, sektorspezifisch, auf schon heute beobachtbare Folgen bezogen und zu stark auf die Planung fokussiert. Viele Staaten, Regionen und Städte hätten Anpassungspläne ausgearbeitet, diese aber nur in den seltensten Fällen auch umgesetzt. Oftmals gehe es bloß um winzige Anpassungen bestehender Systeme .„Klimaanpassung setzt aber einen Systemwandel voraus“, sagt Haspels. „Wir müssen Stadtplanung, soziale Aspekte und Finanzplanung völlig neu denken.“