Kitzeln : Das ist echt zum Kichern
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Es freut sich selbst die Ratte, wenn sie dazu in Stimmung ist. Bild: dpa
Warum sind wir eigentlich kitzlig? Die Frage ist nicht leicht zu beantworten. Zwei Forscher haben es immerhin versucht.
Als Laborratte an der Humboldt-Universität Berlin hat man offenbar eine Menge Spaß. Jedenfalls legt das ein Videofilm nahe, den zwei dort tätige Neurobiologen vor einer Woche auf Youtube veröffentlicht haben. Darin ist zu sehen, wie Ratten gekitzelt werden und dabei vor Freude quieken und in die Luft springen. Lustig. Aber viel mehr als das: Ein zweitausend Jahre altes Geheimnis.
Schon Aristoteles grübelte über den Sinn und Unsinn des Kitzelns. Auch andere große Denker haben sich in der Folge den Kopf zerbrochen. Denn so trivial der Vorgang als solcher auch ist – er wirft einige überhaupt nicht triviale Fragen auf. In der Fachsprache wird das Kitzeln seit 1897 mit zwei imposanten Namen belegt: Knismesis (von griechisch knizein für „kratzen, reizen“) und Gargalesis (gargalizein für „kitzeln“). Ersteres meint das leichte Kribbeln auf der Haut, wenn sie nur sanft gestreift wird. Diese Form des Kitzelns ist im Tierreich weit verbreitet. Jeder Hund, der einen Floh auf sich krabbeln spürt, kennt es. Vermutlich ist genau das auch der Sinn der Knismesis: Die Reaktion auf feinste Berührungen soll dabei helfen, den Körper vor fremden Einflüssen zu schützen.
Spielerisches Abwehrtraining
Die Gargalesis hingegen gibt Rätsel auf. Als solche wird das spielerische Kitzeln bezeichnet, das durch etwas mehr Druck meistens Kichern auslöst. Ehe man auch Ratten auf diese Weise eine freudige Reaktion entlocken konnte, hatte man Gargalesis nur bei Menschen und Primaten beobachten können. Charles Darwin sah in ihr sogar den Ursprung des Humors.
Dabei empfinden viele Menschen, die gekitzelt werden, gar keine Freude. Sie lachen zwar; doch wer daraus auf Fröhlichkeit schließt, müsste auch hinter jeder Träne beim Zwiebelschneiden tiefe Trauer vermuten. Einer These zufolge könnte das Kitzeln bei Kindern Abwehrbewegungen schulen. Der fröhliche Gesichtsausdruck der Gekitzelten animiert zum Weitermachen. Bei gequälter Miene wäre das Spiel und damit die sinnvolle Abwehrübung vermutlich rasch beendet.
Manche Psychologen sehen im Kitzeln eine Möglichkeit zum Aufbau von Bindungen. Eltern könnten auf diese Weise früh Berührungsängste bei ihren Kindern abbauen. Geschwister kitzeln häufig gegenseitig, um einem handfesten Streit aus dem Weg zu gehen. Bindungsfördernd scheint sich die mal mehr, mal weniger zärtliche Kabbelei auch bei Liebenden auszuwirken.
Auch Maschinen können kitzeln
Ein rein zwischenmenschliches Phänomen ist Kitzeln aber wahrscheinlich nicht. Die Psychologen Christine Harris und Nicholas Christenfeld von der University of California vermuteten dahinter vielmehr eine Art Reflex. Um diese Annahme zu überprüfen, ließen sie ihre Assistentin Meg Notman einen Apparat bauen, den sie „Mechanic Meg“ tauften. Aus „Mechanic Meg“ ragte ein Roboterarm, der 21 Versuchsteilnehmer im Wechsel mit den Forschern kitzeln sollte.
So erzählte man es den Probanden zumindest. Tatsächlich war „Mechanic Meg“ nur eine aufwendige Attrappe. Der Apparat vibrierte laut, wenn man ihn einschaltete. Außerdem verließen die Forscher demonstrativ den Raum, um den mit einer Augenbinde versehenen Teilnehmern das Gefühl zu geben, ganz allein mit dem Roboter zu sein. Tatsächlich jedoch hielt sich während der gesamten Zeit die echte Meg unter einem Tischtuch versteckt, unter dem sie einmal für das menschliche Kitzeln und einmal für das vermeintlich mechanische hervor gekrabbelt kam.