DNS : 50 Jahre Erbgut-Struktur
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Vor 50 Jahren lüfteten James Watson und Francis Crick das Geheimnis der Struktur der DNS. FAZ.NET hat zum Geburtstag ein Paket zusammengestellt.
Es klang schon etwas verschroben, was die zwei jungen Forscher an einem Samstag vor 50 Jahren in einer Kneipe von Cambridge erzählten. James Watson (24) und Francis Crick (36), gerade aus dem Labor geeilt, verkündeten schlicht, das „Geheimnis des Lebens“ gelüftet zu haben. Nach intensivem Knobeln war ihnen am 28. Februar 1953 die Struktur des Erbmaterials DNS schlagartig klar geworden: eine spiralförmig gedrehte Strickleiter, deren Sprossen jeweils aus zwei Bausteinen bestehen. Die so genannte Doppelhelix.
Zunächst nahm jedoch kaum ein Mensch davon Notiz, und selbst die Veröffentlichung am 25. April 1953 in der angesehenen Zeitschrift „Nature“ interessierte die Weltpresse nicht. Dabei hatten die beiden Forscher nicht nur eine Grundlage für alles Wachsen und Vermehren entdeckt, sondern auch die Basis für die gesamte Gentechnik geschaffen und gezielte Eingriffe ins Erbgut möglich gemacht.
Jugendliche Arrognaz, Skurpellosigkeit und Ungeduld
Keine zwei Jahre hatten die Forscher im britischen Cambridge zusammengearbeitet - Röntgenbilder analysiert, Metallstangen und Pappmodelle in ihrem Labor hin- und hergeschoben und nahezu endlos diskutiert -, dann wussten sie, wie das Erbgut aufgebaut ist. Er habe sich mit Watson von Anfang an gut verstanden, schreibt Crick später, wahrscheinlich auch, „weil uns beiden eine gewisse jugendliche Arroganz, Skrupellosigkeit und Ungeduld gegenüber nachlässigem Denken eigen war“. Angeblich wurden sie nur deshalb in ein Büro zusammengesteckt, weil sie zuvor einzeln andere Forscher mit ihrer Debattierfreude genervt hatten.
Doch die ungezählten Gespräche und ihre geniale Kombinationsgabe führten sie zum Ziel. Statt chemisch zu experimentieren, hatten sie die Einzelerkenntnisse zahlreicher Forscher zusammengefügt. Bekannt war: Das Erbgut enthält jeweils gleich viele Teile der Basen Adenin (A) und Thymin (T) sowie Guanin (G) und Cytosin (C). Die Idee von Crick und Watson war, dass A und T sowie G und C sich jeweils zu einer Art Leitersprosse miteinander verbinden können.
Strickleitern aus Basen
Zwei andere Forscher, Maurice Wilkins und Rosalind Franklin, hatten entscheidende Vorarbeiten geleistet. Ihre Röntgenbilder zeigten, dass die Struktur der DNS der zweier umeinander gewundener Ketten ähnelt. Nun mussten Watson und Crick geistig die Sprossen noch in die Ketten hängen und hatten die strickleiterförmige DNS-Struktur. Die gewundenen Ketten aus Phosphat und Zucker halten die Sprossen zusammen.
Später erzählte Watson, er habe nach diesem Coup als erstes den Gedanken gehabt, dass er es nun wirklich verdiene, eine Freundin zu finden. Dies gehöre zu einem erfolgreichen Mann. Geheiratet hat der als etwas schwierig geltende Forscher jedoch erst 1968 im Alter von 40 Jahren eine 19-jährige Laborassistentin. Crick dagegen erzählte nach dem Erfolg seiner Frau, er habe eine wichtige Entdeckung gemacht. Sie glaubte ihm jedoch nicht und sagte später: „Du kamst immer nach Hause und sagtest solche Dinge, also habe ich mir nichts dabei gedacht.“ Ein ganz anderer Aspekt der Entdeckung war den beiden Forschern dagegen weniger wichtig: Gleich bei seinem ersten Auftritt in den USA im Sommer 1953 wurde Watson von einem aus Ungarn emigrierten Physiker gefragt, ob er sich Gedanken über die Patentierung gemacht habe. Seine Antwort: Nein, noch nicht. Jahrzehnte später sprach Watson sich auch vehement gegen das Vorhaben des US-Forschers und Unternehmers Craig Venter aus, Gene zu patentieren.
Nature-Veröffentlichung
Die Entdeckung vom Februar 1953 jedenfalls schien schon damals bedeutend genug für eine Seite im renommierten Fachjournal „Nature“ - und 1962 für den Nobelpreis, den die Forscher zusammen mit Wilkins erhielten. Es bleibt Spekulation, ob Rosalind Franklin oder Maurice Wilkins den Nobelpreis eher verdient hätten, der laut Statuten auf höchstens drei Preisträger aufgeteilt werden darf. „Franklin hat mit Sicherheit die entscheidende Röntgenaufnahme gemacht“, sagt Ernst Peter Fischer, Wissenschaftshistoriker in Konstanz und Basel. Wilkins habe die Technik dazu wesentlich erarbeitet. Franklin war 1958 im Alter von 37 Jahren an Eierstockkrebs gestorben, und der Nobelpreis wird nicht posthum verliehen.
Fischer vergleicht die Bedeutung der Entdeckung mit der Relativitätstheorie: „Biologen haben vorher vor allem beschrieben, was sie sahen, und jetzt kann von Grund auf erklärt werden, wie das Leben funktioniert.“ Die Entdeckung habe zu einem neuen Denken geführt. Zugleich warnte er vor Überheblichkeit: Die Lebensvorgänge seien viel komplizierter als zunächst gedacht. Bislang ist weder der Mechanismus der Verdopplung der DNS ganz verstanden, geschweige denn, wie sich ein Organismus entwickelt. „Die Struktur ist geheimnisvoller als wir dachten.“