3D-Modell : Der Rechner baut eine Zelle
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Ein anhand der Geninformation erstelltes 3D-Modell von Mycoplasma genitalium. Bild: Scripps Research Institute
Leben ist Information. So sehen das Bioinformatiker. Und deshalb starten sie immer umfangreichere Versuche, nicht nur einzelne Moleküle, sondern ganze Organismen im Detail zu simulieren. So sieht dann ein Bazillus im Rechner aus.
Das Foto zu diesem Text zeigt nicht etwa um eine hübsche Seeanemone aus den Korallenbänken der Südsee, wie viele meinen könnten, sondern einen schlichten Krankheitserreger: Mycoplasma genitalium. Das ist ein weitverbreitetes zellwandloses Bakterium, das auf den Schleimhäuten des Menschen lebt und lästige Harnwegsinfektionen auslösen kann. Die Mikrobe hat das kleinste bekannte Genom, das in einer lebenden Zelle vorkommt. Mit lediglich 525 Genen ist der Erreger ausgestattet und dennoch eine der größten Herausforderungen für die Biologie: Die unternimmt derzeit größte Anstrengungen, das Bakterium im Computer zu modellieren - der erste lebende Organismus, dessen Lebensprozesse komplett simuliert werden.
Das Leben auf einem molekularen Niveau zu verstehen, lautet also die Aufgabe für die amerikanische Forschergruppe von der University of Kansas in Lawrence, die den Aufbau des Mikroorganismus algorithmisch auf drei Dimensionen übertragen und hier mit vielen Zellbestandteilen bunt dargestellt hat. Am Ende sollen irgendwann auch menschliche Zellen und Gewebe als 3D-Modelle darstellbar sein. Derzeit konzentrieren sich die Forscher um Ilya A. Vakser allerdings noch darauf, einzellige Organismen wie Mykoplasmen zu modellieren. Dazu braucht es Studien zu biologischen Netzwerken und Teilsystemen: die Modellierung von Proteinkomplexen etwa, von Zellmembranen und Chromosomen. Um die Einzelteile schließlich zusammenzuführen, nutzen die Forscher im Rechner das „CellPack“ - ein Software-Tool, das entwickelt wurde, um Modelle aus molekularen Bausteinen zusammenzufügen. Es integriert Daten aus allen Bereichen der Biologie, verpackt sie in Algorithmen und erschafft so die 3D-Modelle, auf die Wissenschaftler weltweit zurückgreifen können. Mit den Fortschritten der Molekularbiologie und der Informatik, davon sind die Forscher überzeugt, könnten schon bald grundlegende Mechanismen von Krankheiten und auch die Wirkung von Medikamenten besser verstanden werden. Computermodelle sollen Zellkulturen ersetzen - Tierversuche gar? „Zellen sind das Fundament des Lebens“, sagt Vakser, Direktor des Bioinformatik-Zentrums an der Universität Kansas. Mit der Entwicklung von 3D-Modellen werde man zumindest bald den Schlüssel zum grundlegenden Verständnis von Zellprozessen an die Hand bekommen.