
+++ Klimaticker September +++ : Klimagipfel, Schneckenskandal, Treibhausspitze
- -Aktualisiert am
+++ 10. September Jedes Jahr zwei Millionen weniger Hautkrebs-Neuerkrankungen, und das noch mindestens 15 Jahre lang, das ist die Hochrechnung, die Unep-Direktor Achim Steiner bei der Vorstellung eines neuen UN-Berichts zur Entwicklung der Ozonschicht vorgelegt hat. Die durch Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) ausgelösten Verluste in der Ozonschicht, die eigentlich Mensch und Tier vor den schädlichsten UV-Strahlen der Sonne schützt, sind seit anderthalb Jahrzehnten rückläufig. Bis 2030 könnten die Ozonkonzentrationen der achtziger Jahre wieder erreicht werden. Zurückzuführen ist das dem gemeinsamen Bericht von Unep und der Weltmeteorologiebehörde zufolge auf den völkerrechtlich verbindlichen FCKW-Produktionsstop, der mit der Verabschiedung des Montrealer Protokolls im Jahre 1987 vereinbart worden war. Steiner, der als Leiter des Umweltprogramms der Vereinten Nationen vor ein paar Monaten wieder gewählt wurde, hat zu den Ökoveteranenfeiern in Nairobi und Genf auch je eine Delegation von Kaiserpinguinen aus der Antarktis empfangen. Besonders bei der Unep in Nairobi hat man sich darüber gefreut. Dort wurden die stattlichen Abgesandten vom Südpol mit einem Freudenfeuer und Grillfest empfangen. Beim Rückflug am nächsten Morgen blieb der eine oder andere Sitz in der Pinguinen-Sondermaschine unbesetzt. +++
+++ 9. September. Der Gehalt der Luft an Treibhausgasen hat einen neuen historischen Höchstwert erreicht. Mit mehr als 400 ppm (Anteile pro Million Luftmoleküle) Kohlendioxid wurde 2013 die Konzentration der vorindustriellen Zeit um 142 Prozent überschritten. Methan, das zweitwichtigste Treibhausgas, liegt sogar 253 Prozent über den Werten des achtzehnten Jahrhunderts, Stickstoffoxide um 121 Prozent darüber. So ist es in dem jüngsten Bericht der Weltmeteorologiebehörde WMO nachzulesen. Der Anstieg zwischen 2012 und 2013 war größer als in jedem Jahr davor seit 1984. Besonders prekär wird es für die Weltmeere. Die Aufnahme des Kohlendioxids ins Meerwasser führt zu einer sukzessiven Versauerung durch die Anhäufung von Kohlensäure. Kalkschalen bildende Tiere und Plankton seien von der Versauerung besonders bedroht, die Kalkbildung werde bereits massiv gestört: “Der Säuregehalt hat den höchsten Stand seit 300 Millionen Jahren erreicht“, heisst es in dem WMO-Report. Die letzten Augenzeugen aus jener Erdpoche wurden von den Atmosphärenforschern zu einem Erfahrungsaustausch aus dem Wasser gefischt. Auch Deutschland kann die Katastrophe wohl nicht mehr verhindern. Das Thünen-Institut in Braunschweig meldete zwar einen Tag vor der Bekanntgabe der WMO, dass in den deutschen Wäldern mittlerweile gut 300 Millionen Tonnen Kohlenstoff mehr als noch 1990 in Form von Holz, Totholz und Humus abgespeichert da liegen, aber das ist für die Meeresbewohner natürlich kein Trost. Das Mindestete, was sie erwarten dürfen, ist Gleichberechtigung. Die Meeresschnecken plädieren deshalb für ein supranationales Kalkungsprogramm, das sich schon im Kampf der Forstleute gegen den sauren Regen bewährt hatte. Die Staaten müssten mit allen Mitteln gegen die Versauerung der Ozeane einschreiten. Seekrankheit ist unter Androhung einer Strafe verboten. Wer künftig dennoch seinen sauren Mageninhalt ins Meer entleert, muss mit einem empfindlichen Bußgeld rechnen. +++
+++ 8. September. Die amerikanische National Audubon Society, einer der weltweit größten Vogelschutzverbände der Welt, rechnet mit dramatischen Veränderungen in der nordamerikansichen Vogelfauna. 314 Vogelarten, also knapp die Hälfte der etwa 650 amerikanischen Spezies, sei durch den Klimawandel in ihrem Bestand bedroht. Bis 2050 dürfte ein Fünftel der Arten in ihren heutigen Verbreitungsgebieten um mehr als die Hälfte schrumpfen. Der Trompetenschwan, Basstölpel und Fichtenspecht könnten ganz verschwinden. Auch der amerikanische Wappenvogel, der Weisskopfseeadler, ist bedroht: Bis 2080 dürfte er drei Viertel seiner Brutgebiete verlieren, heisst es in dem „Klimabericht“. Und noch einem anderen Staatsvogel droht das Aus: Der Baltimoretrupial - Baltimore oriole - dürfte auf lange Sicht im Bundesstaat Maryland künftig keine Heimstatt mehr finden. Mit dem aus dem Italienischen stammenden Staatsmotto „fatti maschi, parole femmine„ (sinngemäß: starke Heldentaten, sanfte Parolen) lässt sich da kaum noch etwas machen. Deshalb will Maryland nach der Abschaffung der Todesstrafe im vorigen Jahr auch im Vogelschutz ein Exempel statuieren und jede Verkehrsinsel im Land mit Bäumen bepflanzen, in die jeweils ein kunstvoll geflochtenes Kugelnest mit einem Stars-and-Stripes-Banner auf der Baumkrone eingerichtet wird. +++