Waldrechte für Indigene : Klimaschutz in sicheren Händen
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Ka’apor-Indios in Brasilien. Bild: dpa
Der Klimagipfel in Paris steht vor einer Chance, die oft vergessen wird: Indigene Völker können und wollen Verantwortung für die Urwälder übernehmen. Ein Gastbeitrag.
Das indigene Volk der Xavante, Bewohner der brasilianischen Cerrado und damit der größten Savannenlandschaft der Erde, bekannt für die knorrigen Bäume, Jaguare und Gürteltiere, versucht zurzeit vehement seine Wälder zu retten. Die Ureinwohner sind traditionelle Jäger und Sammler, ihr Land gibt ihnen nicht nur Nahrung und Schutz, sondern potentiell dauerhafte Einkommensquellen. Es sind vor allem nachhaltig bewirtschaftetes Saatkorn, Früchte und andere Produkte, die auf dem Grund des Waldes gedeihen und zu besonderen handwerklichen Produkten gefertigt werden.
So wie sie leben etwa 1,3 Milliarden Menschen weltweit, ein Fünftel der Weltbevölkerung, sind für ihr Überleben von den Produkten des Waldes abhängig - vom Honig bis zu Rattanhölzern und essbarem Fleisch. Und diese Menschen warten mehr noch als andere auf einen positiven Abschluss bei den Klimaverhandlungen, an dessen Ende ein Vertrag auf der Cop21 in Paris stehen soll.
Eine Fläche Südafrikas
Die Wälder spielen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel, sie nehmen knapp 15 Prozent der Treibhausgase aus der Luft und produzieren nebenbei Lebensraum und Nahrungsquellen für Völker wie die Xavante. Wollen wir tatsächlich ein Abkommen in Paris zustande bekommen und die neuen Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen erreichen, reicht es nicht, Innovationen für eine kohlenstoffarme Welt zu entwickeln, wir müssen unser Augenmerk auf diese Menschen legen, weil sie es sind, die den Schutz der Wälder garantieren. Es gibt viele Studien, die das belegen. Wo immer indigene und lokale Gruppen echte Landrechte erhalten, um ihr Land zu bewirtschaften, bleiben die Wälder erhalten. Überall dort jedoch, wo die einheimischen Völker von den Entscheidungen ausgeschlossen werden, schwinden die Wälder. Wir haben seit dem Jahr 1990 schon eine Fläche verloren, die der Fläche ganz Südafrikas entspricht. Wir müssen diesen Trend stoppen und umkehren.
Leider gibt es noch immer riesige ökonomische Vorhaben, die ein Abholzen der Wälder beinhalten. In der Cerrado sind es Sojafelder und Rinderfarmen. Natürlich bringen einige sehr viel Geld ein, aber die Regierungen in waldreichen Ländern wie Brasilien, Peru, Indonesien bis zur Demokratischen Republik Kongo müssen jetzt erkennen, dass es keine nachhaltigen ökonomischen Gewinne sind. Echte Entwicklung muss gekoppelt werden mit einem Dienst an der Natur. In dem gleichen Maße, wie die Wälder in Lateinamerika, Asien und Afrika verschwinden zugunsten von Minen, Staudämmen, der Holzindustrie und anderen Waren für die Erste Welt, verlieren die indigenen Völker ihre Lebensgrundlagen und Heimat. Und die Welt verliert, was sie an ökologischen, sozialen, ökonomischen Profiten aus den Wäldern gewinnen kann.
Mehr als guter Wille gefragt
Einige Regierungen arbeiten an klugen Lösungen, Peru etwa hat zugesagt, bis zum Jahr 2021 das Schwinden der Waldflächen zu beenden. Afrikanische Staaten haben mit europäischem Geld kürzlich Projekte auf den Weg gebracht, die zentralafrikanischen Regenwaldgebiete zu schützen, Indonesien hat zumindest zugesagt, das Moratorium für den Raubbau an den Wäldern zugunsten des Palmölanbaus und anderer großer Agrarprojekte zu verlängern, all das sind in der Tat gute Ansätze. Aber wir brauchen mehr als guten Willen.
Ein außergewöhnliches Programm ist inzwischen gestartet worden, „Dedicated Grant Mechanism“, das 80 Millionen Dollar bekommt und gemeinsam von indigenen und lokalen Völkern und anderen Nationalitäten betrieben wird. Profitieren sollen die Indigenen in Peru, Brasilien, der Demokratischen Republik Kongo und Burkina Faso, die selbst entscheiden, was die vordringlichsten Vorhaben sind. Die Xavante etwa haben 6,5 Millionen Dollar erhalten, nicht nur, um Produkte des Waldes vermarkten zu können, sondern auch, um auf größeren Flächen heimische Pflanzen und Früchte in ihren Wäldern anpflanzen zu können. 5,5 Millionen Dollar werden zum Gedenken an vier ihrer im September 2014 getöteten Häuptlinge an die Asheninkas gehen, Ureinwohner im peruanischen Amazonaswald. Sie wurden ermordet, als sie versuchten, ihre Wälder im Saweto-Bezirk vor der Zerstörung zu retten. Das Geld wird von zwei Indigenen-Dachorganisationen, „Aidesep“ und „Conapip“, verwaltet, die für die Amazonasindianer damit 20 Millionen Hektar Regenwald aufkaufen wollen. Die indigenen Stämme werden dafür sorgen, dass die Waldflächen erhalten und gesund bewirtschaftet werden.
Das alles ist aber erst ein Anfang. Wir müssen noch viel mehr als bisher das traditionelle Wissen und ihre Ressourcen zum Schutz der Wälder einsetzen. Wenn wir ihre Lebensverhältnisse verbessern, ist das konkreter Klimaschutz. Es wird in Paris nicht genügen, wenn die Industrieländer Emissionsreduktionen zusagen, sie sollten sich auch noch viel stärker finanziell engagieren, um die indigenen Gemeinschaften in ihrem Einsatz für die Wälder zu unterstützen.
Mafalda Duarte ist Managerin des 8,3 Milliarden Dollar schweren Klimainvestmentfonds CIF, dessen Sekretariat bei der Weltbankgruppe in Washington, D.C., angesiedelt ist. Sie leistet dort seit mehr als fünfzehn Jahren Entwicklungsarbeit für den Klimaschutz.
Übersetzt von Joachim Müller-Jung