Klimawandel (4) : Auch Afrika ist noch nicht verloren
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Dürre in Äthiopien Bild: picture-alliance / dpa
Nicht die Dürre ist das Problem Afrikas. Es fehlen Recht und Ordnung, wirtschaften zu können. Selbst bei großer Hitze. Denn die Erträge der Landwirtschaft hängen nicht allein vom Klima ab. Auch in Afrika nicht. Ein Gastbeitrag von Oliver Mark Hartwich.
Der Verlierer steht angeblich schon fest. Afrika ist das erste Opfer des Klimawandels. So haben Wissenschaftler herausgefunden, dass das Wetter über dem Atlantik jetzt schon die Ernten in Afrika beeinträchtigt. Sie behaupten, der Klimawandel könne Afrikas Nahrungsangebot um weitere 20 bis 50 Prozent senken.
Das würde allerdings nur stimmen, wenn außer dem Klima keine anderen Umstände die landwirtschaftliche Produktion beeinflussten. Aber es gibt andere Faktoren, wie ein Beispiel belegt: Australien ist trocken und reich, Zimbabwe dagegen fruchtbar und arm. Doch das Klima ist vergleichbar.
Rahmenbedingungen sind wichtig
Die amerikanische Wissenschaftsakademie (National Academy of Science) veröffentlichte kürzlich eine Studie, der zufolge das Wetterphänomen El Niño und der Luftdruck über dem Atlantik im Zusammenspiel die Ernteerträge der Bauern in Afrika beeinflussen. Die Autoren behaupten, dies könne dazu führen, dass in Zukunft bis zu 20 Millionen Afrikaner mit deutlich weniger Nahrung auskommen müssten.
Dass das Wetter Ernten beeinflusst, ist wenig überraschend. Doch der Klimawandel entscheidet längst nicht allein darüber, ob Afrikas Landwirtschaft blüht oder verdörrt. Mindestens ebenso wichtig sind institutionelle Rahmenbedingungen, Anbaumethoden und wirtschaftliche Freiheit.
Blick in die Geschichte
Um zu verstehen, wie die Landwirtschaft vom Klima abhängt, hilft ein Blick in die Geschichte. Es gibt ein Land, das im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert stark von der Landwirtschaft abhing. Sie machte mehr als 30 Prozent der Wirtschaftsleistung aus und lieferte die wichtigsten Exportgüter. Darum war dieses Land anfällig für alles, was die Landwirtschaft beeinträchtigte. Die Menschen hatten Angst vor Dürren, und ein Preisverfall auf dem Weltmarkt für Wolle verursachte eine schwere Wirtschaftskrise in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts.
Man könnte annehmen, dass solch ein Land auch heute noch Angst vor dem Klimawandel haben müsste: Wenn die Landwirtschaft so ein wichtiger Wirtschaftsfaktor war, wenn Dürren die Nahrungsversorgung stören konnten, wenn das Land von seinen Agrarexporten abhing, dann müsste es doch gerade jetzt angesichts des Klimawandels in tiefer Sorge sein.
Beispiel Australien
Doch dem ist nicht so, und das Land heißt Australien. Dessen Landwirtschaft war noch vor etwa einem Jahrhundert der mit Abstand wichtigste Sektor. Heute macht sie weniger als vier Prozent der Wirtschaftsleistung aus und beschäftigt nur einen kleinen Teil der arbeitenden Bevölkerung. In absoluten Zahlen ausgedrückt, produziert die australische Landwirtschaft trotzdem mehr denn je - obwohl Australien der trockenste Fleck der Erde ist.
Zum Vergleich: In Afrika arbeiten mehr als 70 Prozent der Menschen in der Landwirtschaft, steuern aber nur 16,5 Prozent der Wirtschaftsleistung des Kontinents bei, südlich der Sahara sind es 29 Prozent.
Australien drohen Gefahren durch den möglichen Klimawandel, aber doch keine Katastrophen. Bewässerung, besseres Saatgut, Maschinen und Unkrautvernichter haben die Landwirtschaft nicht nur unabhängiger vom Wetter gemacht, sondern auch viel produktiver.
„Wetterfeste Wirtschaft“