
Hochseeschutzabkommen : Das Wissen der Meere wird endlich geschützt
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Walhaie gehören zu den Ikonen der Meere – und sind bedroht. Bild: dpa
Der Schutz des größten Naturraums der Erde schien utopisch. Nun haben sich die Vereinten Nationen auf den Schutz der hohen See verständigt. Ein riesiger Erfolg.
Die hohe See soll künftig besser geschützt werden. Darauf haben sich die Mitgliedstaaten mit dem BBNJ-Hochseeschutzabkommen in New York geeinigt. Es ist ein großer Schritt: Mindestens 30 Prozent der Meere jenseits der 200-Meilen-Grenze sollen künftig also nicht mehr einfach so ausgebeutet werden.
Fischfang, Tiefseebergbau und die Nutzung genetischer Ressourcen werden nun härter geregelt, es müssen große Schutzzonen ausgewiesen werden. Dieses Abkommen grenzt an ein Wunder, denn die hohe See ist bislang ein kaum regulierter Raum voller Hoffnungen – und guter Geschäfte.
Am Boden der Meere lagern nicht nur große Mengen Rohstoffe, Manganknollen, Kobaldkrusten, Massivsulfite, sondern auch Erdgasvorkommen, die helfen sollen, den Hightech- und Energiehunger der Menschen zu stillen. Im Wasser der hohen See befindet sich zudem eine Ressource, von der die Menschheit noch viel mehr profitieren kann: Es ist das Wissen der Evolution, das in den Genen von Millionen Lebewesen im Laufe von Millionen Jahren eingeschrieben ist.
Bakterien und Viren, Weichtiere, Algen, Fische und Meeressäuger haben im Laufe ihrer Stammesgeschichte gelernt, an extremsten Orten wie der Tiefsee oder Unterwasservulkanen gut zu überleben. Würde die hohe See weiterhin nicht geschützt und wie bisher vermüllt und leer gefischt, würde ihr Boden mit Unterwasserbaggern umgewälzt und abgeräumt, wäre dieses Wissen für immer verloren. Es wäre ein verlorener Schatz.
Noch im vergangenen Sommer sah es so aus, als ob das Hochseeschutzabkommen nie Realität werden würde. Der Graben zwischen den Industrienationen, die wegen ihres technischen Vorsprungs vor allem von den Schätzen der Meere profitieren, und den Entwicklungsländern war zu groß. Die hohe See gehört niemandem, und einen Rechtsrahmen für 60 Prozent der Meeres beziehungsweise 43 Prozent der Erdoberfläche zu schaffen, der allen Nationen gegenüber fair und auch den Ansprüchen künftiger Generationen entspricht, schien eine Utopie.
Doch nun ist das Abkommen da, der Wille, den größten Naturraum der Erde zu schützen, ist unterzeichnet. 20 Milliarden US-Dollar stehen nun zur Verfügung. Ob das Abkommen wirklich dazu führen wird, dass es der Hochsee künftig besser und nicht immer schlechter gehen wird, ist unklar. In einer großen Studie aus dem vergangenen Sommer wurde bereits nachgewiesen, dass große Umweltschutzabkommen im Vergleich zu Handels- oder Finanzabkommen ihre Ziele häufig nicht erreichen.
Es wäre naiv zu denken, dass beim Schutz des Ozeans alle Parteien an einem Strang ziehen. Die Arbeit, die Verhandlungen und Streitereien darüber, wie der Schutz der Hochsee denn konkret aussehen soll, werden alles andere als einfach werden. Dennoch, das Abkommen ist ein großer Erfolg. Und darüber sollte man sich jetzt auch einmal freuen.