„Wir können nicht in der Bioblase vor uns her träumen“
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Ein differenzierter Blick auf den Okolandbau: Der Agrarwissenschaftler Urs Niggli. Bild: Mafalda Rakoš
Der Agrarwissenschaftler Urs Niggli erklärt als Pionier des Ökoanbaus, warum Lösungen für die Ernährungskrise nicht mehr warten können – und wieso die Genschere dafür benötigt wird.
Herr Niggli, Sie gelten als wissenschaftlicher Vordenker des Biolandbaus. Was würde einen größeren Nachhaltigkeitseffekt erzielen: Sollte man den weltweit kleinflächigen Biolandbau umfangreich fördern oder lieber die konventionelle Landwirtschaft in kleinerem Maßstab verändern, die weltweit über 98 Prozent der Anbaufläche betrifft?
In Europa und weltweit ist der Biolandbau nur eine Nische. Die wichtige Herausforderung ist, wie man die konventionelle Landwirtschaft sehr viel nachhaltiger machen kann. Wir können nicht in der Bioblase vor uns her träumen und glücklich sein! Stellt man ganz auf Biolandbau um, geht die Produktivität stark zurück. Dann müsste man viel mehr Lebensmittel importieren und damit Umweltwirkungen in andere Länder exportieren. Eine Vergrößerung der Anbaufläche würde global Hochmoore und Grünflächen gefährden. Das hätte katastrophale Auswirkungen auf die Biodiversität, und die damit verbundene Freisetzung von Kohlenstoff wäre ein Riesenrückschritt in der Klimapolitik. Die Kombination von hoher Produktivität und einer hohen ökologischen Nachhaltigkeit ist der Weg, den wir heute gehen müssen. Da braucht es noch mehr als Bio, und da müssen sich sehr viele konventionelle Landwirte beteiligen.
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