Zweierlei Urkatastrophe
- -Aktualisiert am
Exodus: Dieses Foto eines Trecks nach Hebron im Jahr 1948 setzte das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten in Umlauf. Bild: AP
Wenn Palästinenser auf die Schoa angesprochen werden, bringen sie oft die Nakba zur Sprache, die Vertreibungen im Zusammenhang mit der Staatsgründung Israels. Für einen israelischen Holocaustforscher und einen palästinensischen Politikwissenschaftler war das der Anstoß, ein Konzept des Dialogs über die nationalen Traumata zu entwickeln.
Heftig gestritten wurde in der deutschen Öffentlichkeit in den letzten Monaten über die Singularität des Holocaust in der Gewalt- und Genozidgeschichte sowie die damit verbundene Frage nach Kontinuitäten zwischen Kolonialismus und Nationalsozialismus. Verwandte Fragestellungen prägen auch eine schon länger andauernde Debatte zwischen Israelis und Palästinensern, die in Deutschland kaum wahrgenommen wird. Dabei versucht man, gemeinsam über die Stellung der Schoa und der Nakba im kollektiven Gedächtnis beider Völker zu reflektieren. Schoa ist der Name für den nationalsozialistischen Völkermord an den Juden, Nakba nennen die Palästinenser die Vertreibungen von Arabern, die 1948 mit der Gründung des Staates Israel verbunden waren.
Eine Parallelität ist schon auf sprachlicher Ebene auszumachen, bedeuten doch Schoa auf Hebräisch und Nakba auf Arabisch „Katastrophe“. Dass aber beide Seiten nur schwer das Trauma der anderen nachempfinden können, zeigte sich schon 2007 an der Initiative, aus der die mittlerweile international geführte Debatte hervorging. Damals hatte das Jerusalemer Van Leer Institute einheimische jüdische und arabische Pädagogen eingeladen, sich über das Thema Holocaust auszutauschen. Die Treffen, die von der Heinrich-Böll-Stiftung finanziell unterstützt wurden, erstreckten sich über ein Jahr. Ein Teil der Gruppe traf sich dann im Sommer 2009 zu einem Workshop an der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin.
Jetzt 30 Tage kostenfrei testen 2,95 € / Woche
Jetzt kostenfrei Zugang abonnieren?