Proletarier ohne Bewusstsein
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Das Englisch macht die Sache auch nicht mehr hipper: „Revolutionäre“ Demonstration am 1. Mai 2022 in Berlin Bild: dpa
Die da unten gegen die da oben – doch Klassenkampf ist das keiner mehr. Eine neue Studie hat untersucht, wie die noch manuell tätige Arbeiterschaft ihre Lage einschätzt.
Im Zuge ihrer Geschichte erlebte die Arbeiterklasse Höhen und Tiefen: Marx und Engels sahen die Auseinandersetzung zwischen Arbeitern und Kapitalisten als Zuspitzung einer Geschichte von Klassenkämpfen, und angesichts erfolgreicher politischer Organisationsversuche konnte Georg Lukács in seinem Buch „Geschichte und Klassenbewußtsein“ (1923) noch hoffen, dessen besonderer gesellschaftlicher „Standpunkt“ würde das Proletariat befähigen, die gesellschaftliche Wirklichkeit des Kapitalismus nicht nur zu erkennen, sondern damit auch zu überwinden. Das Ausbleiben der Revolution in Westeuropa musste daher irritieren.
Theodor W. Adorno diagnostizierte eine in die Latenz abgewanderte Klassengesellschaft, die sich als „klassenlose Gesellschaft der Autofahrer, Kinobesucher und Volksgenossen“ tarnte. Andere registrierten, dass der Wohlfahrtsstaat der Arbeiterbewegung ihren Schwung genommen hatte. Die Meinungen und das „Gesellschaftsbild“ der Arbeiter wurden zwar weiterhin untersucht, doch die soziologische Aufmerksamkeit für die Arbeiterklasse nahm ab. Dies änderte sich, als mit Trumps Wahlerfolg und dem Brexit deutlich wurde, dass rechtspopulistische Parteien auch bei Arbeitern erfolgreich waren – und damit die Hoffnung auf eine „progressive“ Orientierung der Arbeiterschaft erneut eine Enttäuschung hinnehmen musste.
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