Der Zeitgeist entschuldigt gar nichts
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Ob ein Farbbeutel in einer Demokratie das Mittel der Wahl ist, um gegen ein Denkmal für Kant zu protestieren, ist fragwürdig. Bild: Picture-Alliance
Wenn Immanuel Kant sich rassistisch äußert, kann er sich nicht mit dem Zeitgeist aus der Affäre ziehen. Seiner Philosophie muss man trotzdem nicht gleich eine Absage erteilen. In einer Demokratie muss ausgehandelt werden, wer auf welchem Sockel stehen darf.
An den gegenwärtigen Debatten um Straßennamen und Denkmale fällt auf, dass die Denkmalstürmer durchaus aus den historischen Wissenschaften stammen oder von dorther zumindest unterstützt werden, während gern aus Laienkreisen verlautet, dass man alles so lassen solle, wie es ist. So ist ein unermüdlicher Antreiber zur Neuinterpretation kolonialer Andenken der Hamburger Geschichtsprofessor Jürgen Zimmerer, und auch für die Ablegung des von den Nationalsozialisten verliehenen Namens Ernst Moritz Arndt durch die Greifswalder Universität haben sich die Professoren der dortigen Philosophischen Fakultät energisch eingesetzt.
Wie kommt diese erstaunliche Inversion zustande, wo man doch glauben möchte, dass gerade die Wissenschaftler ein Interesse daran haben müssten, die Gegenstände ihrer Forschung in Ehren zu halten? Für den Historiker ist die Person, mit der er sich befasst, im Lauf der Jahre ein Teil seines Lebens geworden, und er setzt sich mit ihr auseinander.
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