An der Saar verstand man sich auf Bildwissenschaft: Titelseite vom 21. August 1933 Bild: Friedrich-Ebert-Stiftung
Ein Foto aus Heiligendamm
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Im Sommer 1933 posierte Joseph Goebbels mit dem Exkronprinzen Wilhelm von Preußen am Kaffeetisch. Dann ließ er die Aufnahme sperren. Nur eine Exilzeitung druckte und kommentierte sie.
Die „Deutsche Freiheit“ war eine von Exilanten aus dem nationalsozialistischen Deutschland gegründete Zeitung, die von Juni 1933 bis Januar 1935 im Saargebiet erschien. Der Versailler Vertrag hatte die Industrieregion an der Saar für fünfzehn Jahre der Verwaltung des Völkerbundes unterstellt. Nach Hitlers Machtergreifung wurde das Saargebiet zu einem Refugium politischer Flüchtlinge, die eine Gegenöffentlichkeit zur gleichgeschalteten reichsdeutschen Presse bilden wollten. Zu ihnen gehörten etwa der Hitler-Biograph Konrad Heiden und der SPD-Reichstagsabgeordnete Wilhelm Sollmann, die unter Leitung des saarländischen Sozialdemokraten Max Braun für die „Deutsche Freiheit“ schrieben. Vor der Volksabstimmung vom 13. Januar 1935 agitierte die „einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands“ mit den Parteiblättern von SPD und KPD für den Fortbestand des Völkerbund-Mandats. Nach dem Sieg der Befürworter des Beitritts zum Deutschen Reich floh Braun nach Paris, wo die „Deutsche Freiheit“ noch bis 1939 erschien.
Am 21. August 1933 druckte die „Deutsche Freiheit“ auf der Titelseite ein Foto, das Wilhelm von Preußen und Joseph Goebbels am Kaffeetisch im Ostseebad Heiligendamm zeigte. Auf dem Bild blickt der Exkronprinz im hellen Sommeranzug gut gelaunt in die Kamera, während sich sein Gesprächspartner in Hemdsärmeln lächelnd zu ihm hinüberbeugt. „,Feine Leute‘ unter sich . . . Oder: dafür ist SA marschiert!“ mokiert sich die Überschrift der Redaktion. Der Text darunter teilt mit, das Foto sei in der Vorwoche von einer Bildagentur versandt worden. Schon am Folgetag aber habe die gleichgeschaltete Presse die Anweisung empfangen, es nicht zu veröffentlichen, da das Reichspropagandaministerium „die Wiedergabe dieser Aufnahme nicht wünscht“.
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