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Rassismus bei Hegel? : Das Wirkliche ist das Ungleiche

  • -Aktualisiert am

Erscheint am Horizont des unmenschlichen Geschäfts die Morgenröte der Freiheit? François-Auguste Biard malte seine Darstellung des westafrikanischen Sklavenhandels 1840. Bild: Bridgeman

Hegels Denken entspricht der Realität einer sozialen Welt, in der liberale Freiheiten mit rassistischer Diskriminierung einhergehen. Seine Verbannung aus dem Kanon wäre unvernünftig.

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          Die Philosophie der Weltgeschichte ist ein zentraler Bestandteil von Hegels reifem philosophischen System. In den zwanziger Jahren hielt er wiederholt Vorlesungen über die Weltgeschichte. Er stellt die Weltgeschichte als eine Entwicklung dar, die über eine Reihe von Stufen, die mit verschiedenen Weltzivilisationen verbunden sind, notwendigerweise zum modernen liberalen Europa führt. Afrika südlich der Sahara und das vorkoloniale Amerika sind prähistorisch und fallen somit aus dem weltgeschichtlichen Prozess heraus; die „orientalischen“ Zivilisationen Chinas und Indiens stehen am Anfang der Geschichte und sind statisch und unveränderlich; und die eigentliche Geschichte begann erst mit den klassischen Griechen. Hegel vertrat daher die Ansicht, dass die Kolonisierung der weniger entwickelten Zivilisationen durch die weiter fortgeschrittenen nützlich sein könnte, um ihre Völker zur Freiheit zu erziehen, und sie auf eine höhere historische Stufe zu heben.

          Hegel war auch der Meinung, dass die vorübergehende Versklavung weniger fortgeschrittener Völker demselben Zweck dienen könnte. Denn die „Neger“, das heißt die Menschen in Afrika südlich der Sahara, haben keine Moral und praktizieren Sklaverei, Polygamie, Kannibalismus und andere hoffnungslos verkommene Bräuche: „Etwas anderes Charakteristisches in der Betrachtung der Neger ist die Sklaverei. Die Neger werden von den Europäern in die Sklaverei geführt und nach Amerika hin verkauft. Trotzdem ist ihr Los im eigenen Lande fast noch schlimmer, wo ebenso absolute Sklaverei vorhanden ist; denn es ist die Grundlage der Sklaverei überhaupt, daß der Mensch das Bewußtsein seiner Freiheit noch nicht hat und somit zu einer Sache, zu einem Wertlosen herabsinkt. […] Die Sklaverei ist an und für sich Unrecht, denn das Wesen des Menschen ist die Freiheit, doch zu dieser muß er erst reif werden. Es ist also die allmähliche Abschaffung der Sklaverei etwas Angemesseneres und Richtigeres als ihre plötzliche Aufhebung.“

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