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Forschungszusammenarbeit : Russlands Wissenschaft muss in die Isolation

  • -Aktualisiert am

Polarforschung ist ein Schwerpunkt deutsch-russischer Zusammenarbeit: Die MOSAiC-Expedition ist nur das neueste Beispiel. Bild: dpa

Deutsche Wissenschaftseinrichtungen beenden nach dem Überfall auf die Ukraine im großen Umfang die Zusammenarbeit mit Russland. Das ist auch für die deutsche Seite schmerzhaft und stößt bei Putin-kritischen russischen Forschern nicht nur auf Beifall.

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          Eine deutsche Forschungseinrichtung nach der anderen positionierte sich in der abgelaufenen Woche gegen die russische Politik und kündigte entsprechende Konsequenzen an. Die Basis war schnell gelegt worden: Am Freitag nach dem russischen Einmarsch veröffentlichte die „Allianz“, der größte Zusammenschluss deutscher Wissenschafts- und Forschungsorganisationen, eine Empfehlung, wonach „wissenschaftliche Kooperationen mit staatlichen Institutionen und Wirtschaftsunternehmen in Russland mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres eingefroren werden, dass deutsche Forschungsgelder Russland nicht mehr zu Gute kommen und dass keine gemeinsamen wissenschaftlichen und forschungspolitischen Veranstaltungen stattfinden“ sollen.

          Am gleichen Tag erklärte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in einer Mitteilung, Russland habe sich durch sein Verhalten „selbst aus der internationalen Gemeinschaft verabschiedet“. Die bisherige Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung sowie in der Berufsausbildung werde gestoppt, die Planung neuer Maßnahmen „bis auf Weiteres“ ausgesetzt. Auch die Wissenschaftsakademien stellten sich gegen den Angriff auf die Ukraine und werten Russlands Vorgehen als „Attacke auf die fundamentalen Grundlagen akademischer Freiheit und internationaler Zusammenarbeit“.

          Mancherorts ist Russland der wichtigste Partner

          Dieser Abbruch der Forschungszusammenarbeit ist ein drastischer Schritt. Deutschland und Russland kooperierten bisher in vielen wichtigen Bereichen der Wissenschaft: Erst 2018 wurde eine auf zehn Jahre angelegte deutsch-russische Roadmap für die Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Forschung und Innovation unterzeichnet, die auf ähnlichen Abkommen aus den Jahren 2009 und 1987 aufbaut. Vor allem in der Raumfahrt, der Physik oder der Polarforschung war Russland bisher ein wichtiger Partner. Besonders starke Verbindungen nach Russland unterhält die Helmholtz-Gemeinschaft, die seit 2005 ein eigenes Büro in Moskau unterhält.

          An der GSI, dem Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt, entsteht derzeit das Beschleunigerzentrum FAIR. Russland, sagt GSI-Pressesprecher Ingo Peter, sei das größte Partnerland. Sanktionen würden einen starken Einfluss auf eigene Aktivitäten haben, sind nach Ansicht der Geschäftsführung aber dennoch „notwendig“. Derzeit stimme man sich mit den weiteren Partnerländern des FAIR-Projektes über ihre konkrete Umsetzung ab. In Hamburg und Zeuthen befindet sich das ebenfalls von der Helmholtz-Gemeinschaft getragene Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY), das derzeit 100 russische und 20 ukrainische Mitarbeiter beschäftigt. Man stehe mit voller Solidarität hinter den Anweisungen des BMBF, heißt es auf Anfrage. „Weit über 25 Kooperationsprojekte und Kooperationsbeziehungen zu einer Vielzahl russischer Institute und russischer Universitäten“ würden ausgesetzt werden, darunter das bis 2024 laufende EU-Projekt CREMLINplus.

          Die Fälle FAIR und DESY spiegeln die Reaktion deutscher Forschungseinrichtungen auf den russischen Einmarsch in der Ukraine gut wieder: Das Bedauern, aber eben auch die Betonung einer notwendigen Reaktion. Die Max-Planck-Gesellschaft lege alle Kooperationen mit staatlichen russischen Einrichtungen auf Eis. Im Rahmen entsprechender Kooperationsprojekte würden „keine Treffen von Wissenschaftlern mehr stattfinden und auch keine wissenschaftlichen Daten mehr erhoben werden, sagt die Pressesprecherin Christina Beck. Entsprechende Module sind zu diesem Zweck abgeschaltet worden.“

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