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Ablöse für fossile Energie? : Wie Wasserstoff grüne Träume befeuert

Der grüne Wasserstoff verbreitet sich: In Deutschland sind derzeit 91 Wasserstofftankstellen in Betrieb, weitere saubere Zapfsäulen sollen folgen. Bild: ddp

Grüner Wasserstoff hat das Potential die fossilen Energieträger abzulösen. Doch noch besteht viel Forschungsbedarf. Wie das leichteste aller Elemente die grünen Träume befeuern soll.

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          Wasserstoff ist das Gas, von dem Klimaschützer, Energieexperten und mittlerweile viele Politiker träumen, weil es helfen könnte, die CO₂-Emissionen drastisch zu reduzieren und fluktuierenden Wind- und Solarstrom zu speichern. In den kommenden Jahrzehnten soll das Gas die fossilen Energieträger Kohle und Öl ablösen. Das leichteste aller Elemente könnte herkömmliche Kraftstoffe ersetzen und emissionsfreie Autos ermöglichen, die mit Brennstoffzellen betrieben werden. Als Abgas entstünde nur Wasserdampf. Vor allem soll Wasserstoff als chemischer Energiespeicher dienen, um den Strom aus den fluktuierenden Quellen Wind und Sonne zu speichern. Einige Großkonzerne wollen auf den Wasserstoffzug aufspringen.

          Manfred Lindinger
          Redakteur im Ressort „Natur und Wissenschaft“.

          Für den Vizepräsidenten des südafrikanischen Chmieunternehmens Sasol Marius Brand, den deutschen Energieforscher Bernd Rech, den australischen Di­plomaten in Deutschland, Philip Green, und den Präsidenten der Polytechnischen Universität Montreal, Philippe Tanguy, ist das Potential von grünem Wasserstoff eindeutig. Doch der Weg in eine echte Wasserstoffgesellschaft, in der das leichteste aller Elemente die Aufgabe der fossilen Energieträger Kohle und Öl übernimmt, ist es noch ein weiter Weg. Gleichwohl die technischen Voraussetzungen dafür längst geschaffen sind.

          Die Kosten für grünen Wasserstoff werden fallen

          Nach Meinung von Philippe Tanguy müssen folgende drei Voraussetzungen geschaffen sein, damit sich Wasserstoff durchsetzt: Mögliche Risiken, die mit dem leicht entzündlichen Gas verbunden sind, müssen klar sein, die Systeme, mit denen Wasserstoff produziert wird, müssen skalierbar sein, und die Kosten müssen reduziert werden. Nur dann könne Akzeptanz für Wasserstoff in der Gesellschaft geschaffen werden. Doch es gibt noch einen anderen Aspekt, der eine Hürde sein könnte. „Finanzkräftige Investoren schauen immer, in welche Projekte sie investieren, die auch kräftige Renditen versprechen.“ Es sei nach wie vor schwierig, gegen den Gedanken der Gewinnmaximierung in der Wirtschaft anzukommen, vor allem wenn eine Technologie noch an der Schwelle zwischen Labor und der Praxis steht und es nicht klar ist, ob sie sich durchsetzt.

          Bernd Rech, Helmholtz-Zentrum Berlin Bilderstrecke
          Falling Wall Panel : Die Diskussionsteilnehmer

          Für Philip Green ist Wasserstoff unabdingbar als kohlenstoffneutraler Brennstoff, sowohl für die chemische als auch für die Metall verarbeitende Industrie. Man könne die Welt nicht nur elektrifizieren, wie es machen vorschwebt. Die größte Hürde derzeit sind für Green aber die Kosten. Ein Kilogramm Wasserstoff kostet noch ein Mehrfaches wie die vergleichbare Menge fossiler Brennstoffe. „Die zentrale Frage ist: Wie bekommen wir den Preis auf ein Niveau gesenkt, dass es auch ökonomisch Sinn hat, Wasserstoff in großen Mengen zu produzieren und zu nutzen?“ Hier sei die Politik gefragt, dem Umbau des Energiesystems auf die Sprünge zu helfen.

          (Die folgende Passage wurde nachträglich korrigiert, die ursprüngliche Fassung siehe Kasten Nr.1) Philip Green nannte Deutschland und Australien, die viel Geld (Deutschland allein neun Milliarden Euro) lockergemacht haben. Auch für Marius Brand als Vertreter der chemischen und der Petrolindus­trie in Südafrika sind die Kosten für grünen Wasserstoff der entscheidende Faktor. Doch gab er sich zuversichtlich, dass der Preis auf ähnliche Weise fallen wird wie die Kosten für die erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahrzehnten. Allerdings habe es sein Land viel schwerer. Das liege an der mangelnden Forschung und den Möglichkeiten der Industrie. Hier könnten Kollaborationen mit anderen Ländern helfen.

          Gigafactories für die Wasserstoffproduktion

          Damit Wasserstoff reichlich zur Verfügung stehe, müsste das Gas in riesigen Mengen produziert werden – was eine gewaltige technische und logistische Herausforderung ist. Bislang laufen die Elektrolyseapparate, die Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten, eher auf kleinen Skalen. Ein Grund sei, dass es immer noch keine großen Membranen gebe, um größere Elektrolyseure bauen zu können. Auch günstige und leistungsfähige Katalysatoren seien noch Mangelware. Hier herrsche noch dringender Forschungsbedarf. „Wir brauchen auch für die Wasserstoffproduktion Gigafactorys, wie wir es derzeit überall auf dem Batteriesektor sehen.“

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