Meteorologie : Wolken der Karibik, was treibt ihr da?
- -Aktualisiert am
Über die Wolken: Blick aus dem deutschen Höhenforschungsflugzeug "Halo" auf die Troposphäre über dem tropischen Westatlantik Bild: Foto Bjorn Stevens, Max-Planck-Institut für Meteorologie, Hamburg
Vor Barbados findet zu Zeit die bislang umfassendste Messkampagne der Atmosphärenforschung statt. Damit hofft man, der größten Unbekannten in den Klimamodellen ein Stück weit auf die Schliche zu kommen.
So zieht sonst nur das Militär ins Feld: Insgesamt vier Schiffe und vier Flugzeuge haben am 20. Januar mit ihren Operationen östlich des Inselstaates Barbados begonnen. Dazu unbemannte Unterwassergleiter, Drohnen vom Format kleiner Flugzeuge und Ballondrachen. Zudem werden Tausende zylindrischer Objekte an Fallschirmen herabsinken. Doch bombardiert wird damit niemand. Es handelt sich um mit wissenschaftlichen Instrumenten bestückte Wurfsonden, und zur schwimmenden Flotte gehören die „Meteor“ und die „Maria S. Merian“, prominente deutsche Forschungsschiffe.
Auch eines der Flugzeuge kommt aus Deutschland: der Höhenflieger „Halo“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Sie alle scannen die Atmosphäre mit speziellen Lasern und Radaranalagen, unterstützt vom Barbados Cloud Observatory (BCO), das Forscher des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie an der Ostküste der Karibikinsel aufgebaut haben. Kameras im Orbit, etwa an Bord der Meteosat-Wettersatelliten sorgen zudem für den Überblick von oben.
Gerichtet ist das ganze Arsenal auf die Wolken. Die flauschigen, flüchtigen Gebilde stellen die Wissenschaftler nämlich noch immer vor große Rätsel. Insbesondere sind sie die großen Unbekannten in der Wetter- und Klimaküche der Atmosphäre. Das liegt an ihrem komplex verwirbelten Innenleben aus Wasserdampf und Tröpfchen, in kälteren Regionen auch Eis. Für Wettervorhersagen und Projektionen zur zukünftigen Entwicklung des Klimas tut sich dort eine gravierende Wissenslücke auf, denn die heute eingesetzten Computermodelle können Wolken und Niederschlag immer noch nicht realitätsnah simulieren.
Deswegen soll „EUREC4A“ vor Barbados endlich für ein besseres Verständnis der Wolkenbildung sorgen. Das Kürzel steht für „Elucidating the Role of Clouds-Circulation Coupling in Climate“. Es geht also darum, die Verbindung zwischen den Wolken und der Luftzirkulation im Klimasystem aufzuklären. Zur Luftzirkulation zählen hier die großräumigen Winde ebenso wie die lokale Thermik. Wolken und bewegter Luft also gilt der ganze Aufwand.
Obwohl das Forschungsprojekt im Lauf der Jahre groß und komplex wurde, sei der Anfang relativ simpel gewesen, erzählt Bjorn Stevens, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie. Gemeinsam mit seiner Pariser Kollegin Sandrine Bony hat er das Unternehmen EUREC4A initiiert.
„Es ging darum, die Hypothese zu prüfen, ob die Wolken auf gewisse Störungen reagieren, und die globale Erwärmung kann man als eine solche Störung sehen“, erklärt der Amerikaner mit deutschen Wurzeln. Stevens’ Art ist unprätentiös. Wer nicht weiß, dass er ein einflussreicher Klimaforscher ist, könnte ihn für einen junggebliebenen Surfer halten.
Das Surfen war es aber nicht, dessentwegen Stevens jetzt mit einem ganzen Forschertross in die Karibik fährt, obwohl die Nordsee vor der Hamburger Haustüre mehr als genug Wolken zu bieten hätte. Den wahren Grund zeigt er dem Besucher anhand eines Zeitraffer-Videos aus Barbados. Zu sehen ist das tropische Meer, über das eine endlose Herde kleiner, schäfchenartiger Wolken auf die Kamera zuströmt.