Kipppunkt – F.A.Z. Klimablog : Wird sich die Temperatur natürlicherweise einpendeln?
- Von Lilly Bittner und Martin Franke
- -Aktualisiert am
Symbol der globalen Erwärmung: Schmelzendes Eis vor Norwegen Bild: AFP
Hurrikane werden immer häufiger +++ Seegras speichert mehr CO₂ als Wälder +++ Können Wale helfen, CO₂ aus der Atmosphäre zu ziehen? +++ Arktische Seen trocknen aus +++ alles Wichtige im F.A.Z. Klimablog „Kipppunkt“.
1 Min.
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Martin Franke
Liebe Leserinnen und Leser,
willkommen bei unserem Blog „Kipppunkt“. Hier werden Sie alle wichtigen Informationen und Fakten rund um das Thema Klima finden. Wir informieren über neueste Entwicklungen und Studien, erklären wissenschaftliche Erkenntnisse und Klimaphänomene.
Anregungen und Fragen können Sie uns schreiben: klimablog@faz.de.
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Lilly Bittner
Wird sich die Temperatur irgendwann natürlicherweise einpendeln? Wie kann es sein, dass das Leben auf der Erde in 3,7 Milliarden Jahren trotz Eiszeiten und Vulkanausbrüchen nicht zum Stillstand gekommen ist? Darüber zerreißen sich viele Wissenschaftler den Kopf. Einige gehen davon aus, es gebe Rückkopplungsmechanismen, die das Klima stabilisieren. Andere meinen, es liege an einer Reihe von Zufällen. Um den Grund sicher zu benennen, fehlten lange Zeit Daten. Nun analysierten Forscher der Universität Cambridge Klimadaten der letzten 66 Millionen Jahre. So geben etwa die chemische Zusammensetzung alter Meeresfossilien und Muscheln, wie auch erhaltene antarktische Eiskerne, Aufschluss über die Temperatur zu verschiedenen Zeitpunkten. Die Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im November in der Fachzeitschrift „Science Advances“.
So konnten sie erstmals mit realen Daten nachweisen, dass es stabilisierende Rückkopplungsmechanismen gibt. Diese stabilisieren die Temperatur und die CO2-Konzentration vor allem innerhalb von 200.000 bis 400.000 Jahren nach einer Störung. Das liegt vor allem an der sogenannten Silikatverwitterung. Es zersetzen sich Mineralien in Gesteinen, was chemische Reaktionen hervorruft. Diese ziehen CO2 aus der Atmosphäre und speichern es in Felsen oder Gesteinen unter Wasser. Je höher der Anteil an CO2 ist, desto höher sind die Verwitterungsraten. Nach vielen Hunderttausend Jahren schwächt die Verwitterung allerdings wieder ab, wodurch sich das Klima wieder destabilisieren kann.
Bedeutet das also, dass sich das Klima auch jetzt einfach wieder einpendeln wird? „Wir wissen, dass die heutige globale Erwärmung durch diese stabilisierende Rückkopplung schließlich aufgehoben wird", sagt einer der Studienautoren Constantin Arnscheidt. „Andererseits wird es Hunderttausende von Jahren dauern, bis dies geschieht, also nicht schnell genug, um unsere heutigen Probleme zu lösen.“ Über mehrere hunderttausend Jahre hinweg kann sich die Durchschnittstemperatur also wieder einpendeln, kurzfristig hilft der Effekt allerdings nicht, den Klimawandel einzudämmen.
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Lilly Bittner
Hurrikanschäden, wie hier in Florida, werden weiter ansteigen. Foto: Reuters
Hurrikane werden immer häufiger: Tropische Wirbelstürme gehören zu den teuersten Naturkatastrophen der Welt und betreffen rund 150 Millionen Menschen. Je mehr sich die Erde erwärmt, desto intensiver werden sie. Darüber sind sich Forschende weitestgehend einig. Kaum Konsens besteht indes darüber, ob tropische Wirbelstürme auch häufiger werden. Diese Lücke schließt eine Studie, die im November in der Fachzeitschrift „Geophysical Research Letters“ veröffentlicht wurde.
Demnach werden tropische Wirbelstürme immer häufiger. Das fanden die US-amerikanischen Wissenschaftler heraus, indem sie mit Klimamodellen simulierten, wie die Oberflächentemperatur Wirbelstürme beeinflusst. Bisher wurde das meist mithilfe der durchschnittlichen Temperatur untersucht. Allerdings schwankt diese stark saisonal. Die sogenannte La Niña drückt ungewöhnlich kühles Oberflächenwasser in den östlichen tropischen Pazifik. Parallel führt die atlantische Umwälzzirkulation zu dieser Zeit zu höheren Oberflächentemperaturen im nördlichen tropischen Atlantik. Das führt dazu, dass im westlichen Nordatlantik und im Golf von Mexiko die Luft feuchter ist. Wirbelstürme sind zu dieser Zeit besonders aktiv. La Niña wechselt sich mit El Niño ab, der das Gegenteil bewirkt. Im östlichen Pazifik ist das Oberflächenwasser wärmer, der nördliche Atlantik ist an der Oberfläche kühler. Zu dieser Zeit sind tropische Wirbelstürme weniger aktiv. So führt La Niña zu etwa zwanzig-mal höheren Wirbelsturmschäden als El Niño.
Unter einem Weiter-So-Szenario, steigen die CO2-Emissionen also weiterhin um etwa ein Prozent jährlich an, werden tropische Wirbelstürme bis Ende des Jahrhunderts unter La Niña 66 Prozent häufiger stattfinden. Unter El Niño entstehen etwa ein Drittel mehr Wirbelstürme. So werden tropische Wirbelstürme die Küsten in bisher inaktiven Perioden künftig so oft heimsuchen, wie in aktuell aktiven. Zudem werden die Wirbelstürme zu jeder Zeit intensiver sein. „Leider ist das keine gute Nachricht für Menschen, die in Küstenregionen leben. Die atlantischen Hurrikansaisonen werden in Zukunft noch aktiver und die Hurrikane noch intensiver werden“, sagt Erstautorin Christina Patricola.
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Lilly Bittner
Eine Seegraswiese in Australien. Foto: dpa
Seegras speichert mehr CO₂ als Wälder: Forscherinnen und Forscher konzentrierten sich lange Zeit eher auf Algen oder Gräser an Land statt Seegras zu untersuchen. So könnte die Rolle der Unterwasserpflanze bislang unterschätzt worden sein. Dabei können Seegraswiesen je nach Standort 30- bis 50-mal mehr CO₂ speichern als Wälder an Land. Das schreibt die Stiftung Meeresschutz. Seegras kann allerdings nicht nur CO₂ absorbieren, sondern schützt die Umwelt auf vielfältige Art und Weise, wie eine Studie zeigt, die Anfang August im Fachmagazin Science erschien.
- Seegraswiesen helfen der Treibhausgasbilanz nicht nur, weil sie CO₂ speichern. Wenn sie verschwinden, legt das die darunter liegenden Schichten offen, die wiederum Methan speichern. Das würde dann an die Oberfläche gelangen.
- Seegraswiesen fördern die biologische Vielfalt in den Meeren. Sie bilden relevante Lebens- und Rückzugsräume für Kleintiere. Gerade Jungtiere verstecken sich zwischen den Gräsern, aber auch Schnecken und Muscheln kleben sich an sie. Zudem legen viele Tiere Eier in die Wiesen. Hinzu kommt, dass sie Nahrungsmittel für gefährdete Arten wie die Seekuh oder die Schildkröte darstellen.
- Seegraswiesen schützen die Küsten, weil ihr ausgedehntes Wurzelsystem den Boden festigt. Sie verlangsamen auch Strömungen und Wellen, die so mit weniger Kraft gegen die Küsten prallen.
- Seegraswiesen sorgen für sauberes Wasser, indem sie Partikel, wie Mikroplastik, einfangen. Zudem absorbieren sie Bakterien und Viren. So stellten Forscher in der Ostsee fest, dass Seegraswiesen im Vergleich zu nicht begrünten Gebieten 63 Prozent weniger Bakterien der Arten Vibrio vulnificus und Vibrio cholerae enthalten. Diese sind potentiell schädlich. Hinzu kommt, dass Seegras Stickstoff speichert und im Gegenzug Sauerstoff freisetzt.
- Seegras ist ein nachwachsender Rohstoff. Im Herbst stirbt die Wasserpflanze ab und wird an die Küsten gespült. In einigen Regionen dienen die Gräser dazu, Häuser zu bauen. Sie eignen sich auch dazu, Häuser zu isolieren. Die Wurzeln bleiben erhalten, im Frühjahr wachsen die Gräser wieder nach.
Allerdings sind auch Seegraswiesen vom Klimawandel bedroht. Sie reagieren besonders empfindlich gegenüber sich ändernden Umweltfaktoren, wie Hitzewellen, einer schlechteren Wasserqualität und Schäden durch Boote. So schwindet die weltweite Seegrasfläche weltweit um bis zu sieben Prozent jährlich. Weil die Gräser diesem Trend entgegenwirken können, fordern Forscher, dass bestehende Wiesen besonders geschützt werden sollen. Zudem können abgestorbene Flächen renaturiert werden.
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Lilly Bittner
Ein toter Buckelwal an der Küste Südafrikas. Foto: Reuters
Können Wale helfen, CO2 aus der Atmosphäre zu ziehen? Der Ozean speichert neben Bäumen und Böden knapp ein Viertel des Kohlenstoffs, der natürlicherweise aus der Atmosphäre gezogen wird. Welche Rolle Wale dabei spielen, zeigt eine Studie, die im Dezember in der Fachzeitschrift „Trends in Ecology and Evolution“ erschien.
Demnach fressen Wale zum einen bis zu vier Prozent ihres Körpergewichts pro Tag. Blauwale nehmen täglich also bis zu 3500 Kilogramm aus Kohlenstoff bestehende Biomasse zu sich. Die nährstoffreichen Ausscheidungen helfen wiederum kleinen Wassertieren wie Krill und Plankton, zu gedeihen und ihre Photosynthese zu steigern. Das wiederum zieht Kohlenstoff aus der Atmosphäre. Zum anderen speichern Wale auch direkt Kohlenstoff. Denn wie bei allen Lebewesen, besteht ihr Körper größtenteils aus Kohlenstoff. Sterben sie, sinkt ihr Kadaver oftmals bis in die Tiefsee. Gelangt Kohlenstoff erst einmal in die Tiefen der Ozeane, bleibt er dort dauerhaft gespeichert. Wale funktionieren also als wie Pumpen, die Kohlenstoff in die Tiefsee befördern.
Der kommerzielle Walfang führte allerdings dazu, dass Walpopulationen um über 80 Prozent schrumpften. Das führte zu einem Verlust von schätzungsweise 17 Millionen Tonnen Kohlenstoff, der in der Biomasse von Walen gespeichert war. Wie hoch das Potential von Walen ist, auch indirekt über den Nahrungsprozess Kohlenstoff zu binden, ist bisher nicht ausreichend erforscht. Wale sind jedoch auch heute noch einem hohen Risiko ausgesetzt. In einigen Regionen werden sie noch immer gefangen. Zudem verschlechtert der Klimawandel ihre Lebensbedingungen, sie verfangen sich in Fischernetzen und ihre Beute schwindet aufgrund von Fischerei. „Die Erholung der Wale hat das Potential, die Kohlenstoffsenke des Ozeans langfristig und selbsttragend zu verbessern“, schreiben die Studienautoren. „Die volle Rolle der Großwale bei der Reduzierung des Kohlendioxids kann nur durch robuste Schutz- und Managementmaßnahmen erreicht werden, die eine direkte Zunahme der Populationen fördern.“
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Lilly Bittner
Ein ausgetrockneter arktischer See. Foto: David Swanson/National Park Service
Arktische Seen trocknen aus: In den nördlichen Permafrostgebieten gibt es mehr Seen als in jeder anderen Region auf der Welt. Sie erstrecken sich über die nördlichen Teile Kanadas, Russlands, Grönlands, Skandinaviens und Alaskas. Diese Seen trocknen allerdings seit den vergangenen zwei Jahrzehnten aus. Das zeigt eine Studie, die Ende August im Fachmagazin „Nature Climate Change“ erschienen ist. Bisherige Beobachtungen zeigten zwar bereits, dass der Klimawandel die Befeuchtung der Seen beeinflusst, allerdings war unklar, in welche Richtung. Einige Studien wiesen nach, dass bestimmte Seen austrocknen. Andere zeigten, dass sich Seen ausdehnen oder sich gar neue bilden. Die verschiedenen Ergebnisse liegen an regionalen Unterschieden, denn Forscher untersuchten bisher nur kleine Gebiete über einen begrenzten Zeitraum. Die vorliegende Studie füllt diese Forschungslücke, indem sie Satellitendaten für die gesamte Region der vergangenen zwei Jahrzehnte ausgewertet hat.
Demnach trocknen arktische Seen bereits seit der Jahrtausendwende großflächig aus. Das liegt an steigenden Temperaturen und starken Regenfällen im Herbst. Die Niederschläge erhöhen zwar die Wassermenge, allerdings transportiert das Wasser Wärme in die Böden, wodurch der Permafrost schmilzt. Steigende Temperaturen beschleunigen diesen Prozess. So tauchen Risse in den Böden auf, durch die Seewasser absickert.
Die Seen sind in den Regionen oftmals die einzige Süßwasserquelle und bilden einen wichtigen Lebensraum für Wildtiere. Hinzu kommt, dass sie abgelegene arktische Gemeinden mit Wasser versorgen. Für das Klima haben die austrocknenden Seen allerdings durchaus positive Effekte. Die dunklen Seen sind verantwortlich für zehn Prozent des Albedo-Effekts in der Region. Sie nehmen also Sonnenstrahlen auf statt diese zurück in die Atmosphäre zu reflektieren. So heizt sich die Umgebung besonders schnell auf. Trocknen die Seen aus, bleibt hellerer Boden übrig, auf denen irgendwann Pflanzen wachsen können. Dieser reflektiert Sonnenstrahlen eher. Zudem simulieren einige Klimamodelle, dass sich die Seen eher ausdehnen. Das hätte den Effekt, dass mehr Wasser die umliegenden Permafrostböden auftauen würde. Weil die Studie belegt, dass die Seen eher austrocknen, könnten Vorhersagen, wie schnell die Permafrostböden schmelzen, womöglich zu hoch sein.
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Martin Franke
Teure Gaskraftwerke, günstige Solarkraft: Nach Berechnungen des norwegischen Energieberatungsunternehmens Rystad Energy werden Gaskraftwerke langfristig zehnmal teurer sein als der Bau neuer Photovoltaikanlagen in Europa. Blieben die Gaspreise auf dem aktuell hohen Niveau, würden sie im europäischen Strommix kaum wettbewerbsfähig bleiben, prognostizierte das Unternehmen Ende Oktober. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben unabhängig und gilt als eines der größten Beratungsfirmen zum Thema Gas und Öl.
Grundlage der Berechnung sind die europäischen Gaspreise, die in diesem Jahr einen außergewöhnlichen Höchststand erreicht haben, da geringere russische Gasexporte die Kosten in die Höhe getrieben haben. So sind am niederländischen Gashub Title Transfer Facility (TTF), einem der wichtigsten Handelspunkte für Erdgas in Europa, die Preise von durchschnittlich 46 Euro pro Megawattstunde (MWh) im Jahr 2021 auf 134 Euro pro MWh im bisherigen Jahresverlauf gestiegen, schreibt Rystad Energy. Im August erreichte der Preis einen historischen Höchststand von 330 Euro pro MWh. Das Unternehmen schätzt, dass sich die Preise am Gashub TTF bis 2030 bei 31 Euro pro MWh stabilisieren werden. Rechnet man die Stromgestehungskosten hinzu, die Kosten also, welche für die Energieumwandlung (in diesem Fall) von Gas in Strom notwendig sind, so würden 150 Euro pro MWh anfallen. Das wäre den Schätzungen zufolge dreimal so viel wie die Stromgestehungskosten von neuen PV-Anlagen. Damit gasbefeuerte Kraftwerke weiterhin wettbewerbsfähig sind, müssten die Gaspreise auf 17 Euro fallen.
„Die Abkehr von der gasbefeuerten Stromerzeugung hat sich als schwieriger erwiesen als erwartet, aber die hohen Kosten der letzten Zeit haben die europäischen Länder dazu veranlasst, den Ausbau der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten zu beschleunigen“, heißt es weiter. Kurzfristig sei Gas als Quelle zur Stromerzeugung unerlässlich, was die wirtschaftlichen Aussichten eher trübt, da sich der Markt auf die neue Realität ohne russisches Gas einstellen muss. Auch langfristig, so heißt es in dem Paper, würden gasbefeuerte Erzeugungskapazitäten weiterhin benötigt, um die Schwankungen der regenerativen Energien auszugleichen. Das sei vor allem im Winter nötig, wenn die Batteriespeicherkapazitäten der Versorgungsunternehmen diesen Zweck nicht erfüllen können.
Mehr zum Thema: Internationale Energieagentur rechnet mit einem Boom der erneuerbaren Energie
Grundlage der Berechnung sind die europäischen Gaspreise, die in diesem Jahr einen außergewöhnlichen Höchststand erreicht haben, da geringere russische Gasexporte die Kosten in die Höhe getrieben haben. So sind am niederländischen Gashub Title Transfer Facility (TTF), einem der wichtigsten Handelspunkte für Erdgas in Europa, die Preise von durchschnittlich 46 Euro pro Megawattstunde (MWh) im Jahr 2021 auf 134 Euro pro MWh im bisherigen Jahresverlauf gestiegen, schreibt Rystad Energy. Im August erreichte der Preis einen historischen Höchststand von 330 Euro pro MWh. Das Unternehmen schätzt, dass sich die Preise am Gashub TTF bis 2030 bei 31 Euro pro MWh stabilisieren werden. Rechnet man die Stromgestehungskosten hinzu, die Kosten also, welche für die Energieumwandlung (in diesem Fall) von Gas in Strom notwendig sind, so würden 150 Euro pro MWh anfallen. Das wäre den Schätzungen zufolge dreimal so viel wie die Stromgestehungskosten von neuen PV-Anlagen. Damit gasbefeuerte Kraftwerke weiterhin wettbewerbsfähig sind, müssten die Gaspreise auf 17 Euro fallen.
„Die Abkehr von der gasbefeuerten Stromerzeugung hat sich als schwieriger erwiesen als erwartet, aber die hohen Kosten der letzten Zeit haben die europäischen Länder dazu veranlasst, den Ausbau der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten zu beschleunigen“, heißt es weiter. Kurzfristig sei Gas als Quelle zur Stromerzeugung unerlässlich, was die wirtschaftlichen Aussichten eher trübt, da sich der Markt auf die neue Realität ohne russisches Gas einstellen muss. Auch langfristig, so heißt es in dem Paper, würden gasbefeuerte Erzeugungskapazitäten weiterhin benötigt, um die Schwankungen der regenerativen Energien auszugleichen. Das sei vor allem im Winter nötig, wenn die Batteriespeicherkapazitäten der Versorgungsunternehmen diesen Zweck nicht erfüllen können.
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Lilly Bittner
Die reichsten zehn Prozent emittieren das meiste CO₂: Je höher das Einkommen und das Vermögen, desto größer ist der CO₂-Fußabdruck. Das zeigt eine Studie, die Ende September in der Fachzeitschrift „Nature Sustainability“ erschienen ist. So war die untere Einkommenshälfte 2019 weltweit für 11,5 Prozent aller Treibhausgase verantwortlich. Die oberen zehn Prozent verursachten 48 Prozent aller Treibhausgase und das oberste Prozent fast 17 Prozent.
Wie groß der CO₂-Fußabdruck einer Person ist, hängt aber nicht nur mit dem Einkommen zusammen, sondern auch mit dem Land, in dem sie lebt. So emittierten die obersten zehn Prozent in Nordamerika 2019 fast 69 Tonnen CO₂-Äquivalente. In Subsahara-Afrika setzten die obersten zehn Prozent 7,5 Tonnen frei. Der globale Durchschnitt über alle Einkommensklassen hinweg liegt bei sechs Tonnen. Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, dürfte jeder Mensch jährlich nur 1,9 Tonnen CO₂-Äquivalente verursachen. Das entspricht in etwa einem Hin- und Rückflug von London nach New York. Während die Unterschiede zwischen den Pro-Kopf-Emissionen 1990 noch hauptsächlich auf das Heimatland zurückzuführen waren, erklären sie sich mittlerweile größtenteils aus Einkommensunterschieden innerhalb der Länder. Das bedeutet allerdings nicht, dass sich die Ländern immer weiter angleichen, sondern dass die Ungleichheit innerhalb eines Landes zugenommen hat.
Der Studienautor Lucas Chancel vom World Inequality Lab kam zu diesen Ergebnissen, indem er die Emissionen der Länder je nach Einkommen, Vermögen und Konsumverhalten auf die Bevölkerung aufteilte. Die Emissionen, für die eine Person verantwortlich ist, resultieren aus ihrem Konsumverhalten, ihren getätigten Investitionen und den Ausgaben des Staates, in dem sie lebt. In welche Produktionsprozesse Eigentümer investieren, verursachte 2019 über 70 Prozent der Emissionen des reichsten Prozents der Welt. Emissionen, die etwa entstehen, wenn eine Fabrik gebaut wird, führt der Studienautor also auf jene zurück, die dies als Eigentümer verantworten. Trotzdem ist die berechnete CO₂-Ungleichheit geringer als die Einkommensungleichheit: Während die obersten zehn Prozent 48 Prozent des CO₂ verursachen, verdienen sie 52 Prozent des gesamten Einkommens auf der Welt und besitzen drei Viertel des Vermögens.
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Lilly Bittner
Roteichen kommen in Deutschland immer häufiger vor. Foto: dpa
Wenige Pflanzenarten dominieren Deutschland: Immer mehr Pflanzenarten sterben aus, das ist weltweit gut belegt. Dieser Trend steht allerdings in einem Gegensatz zu vielen Studien, die auf lokaler Ebene untersuchen, wie sich Arten verändern. Sie stellen vielfach fest, dass der Pflanzenreichtum lokal nicht zurückgeht. Es stellt sich allerdings nicht nur die Frage, wie viele verschiedene Arten es gibt, sondern auch, welche lokal aussterben und welche hinzukommen. So ist es möglich, dass eine dominante Art viele verschiedene Arten verdrängt. Aus lokaler Sicht bedeutet das aber lediglich einen Artenwechsel und verzeichnet keinen Verlust. Trotzdem haben lokale Studien einen Vorteil: Sie untersuchen ein begrenztes Gebiet und können so Aussagen darüber treffen, wie viele einzelne Pflanzen vorkommen.
Deshalb wertete ein Forscherteam von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung eine Vielzahl lokaler Studien aus. Das Team wollte herausfinden, weshalb lokale Untersuchungen zu anderen Ergebnissen führen als globale Trends. Die Forscher analysierten zwischen 1927 und 2020 mehr als 7700 Flächen in Deutschland und lieferten so Informationen zu fast 1800 Pflanzenarten. Das entspricht rund der Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Gefäßpflanzenarten. Ihre Ergebnisse veröffentlichten sie im Oktober in der Fachzeitschrift „Nature“.
Sie wiesen für 1011 der 1800 untersuchten Arten nach, dass sie weniger häufig vorkommen. 719 der Arten breiten sich mehr aus. So gibt es in Deutschland 41 Prozent mehr Verlierer als Gewinner im Pflanzenreich. Das ist allerdings eine konservative Schätzung, da meist jene Gebiete untersucht wurden, die am wenigsten von menschlichen Aktivitäten gestört sind. Zudem fanden die Forscher heraus, dass Abnahmen unter den Verlierern gleichmäßiger verteilt waren als Zunahmen unter den Gewinnern. Wenige Arten breiten sich also besonders schnell aus und verdrängen viele andere. Das bestätigt auch der Befund. Die absolute Zahl an Pflanzen in einem Gebiet nimmt indes nur marginal ab. Die eingangs vorgestellte Vermutung der Forscher ist also bestätigt: Die Verlierer sind meist einheimische Arten von Ackerunkräutern wie die Kornblume, Wiesenarten wie die Kleine Krätze und Feuchtgebietsspezialisten wie der Teufelsabbiss. Gewinner sind etwa die Schwarzkirsche und die Roteiche. Sie stammen beide ursprünglich aus Nordamerika und erobern inzwischen auch in Deutschland viele Wälder. Die Ergebnisse bestätigen die Frühwarnungen der ersten Roten Listen in Deutschland. Langfristig können diese Trends so auch auf lokaler Ebene zu erheblichen Artenverlusten führen.
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Martin Franke
Können Solaranlagen krank machen? Manch einer ist verunsichert wegen der Behauptung, Solarzellen könnten elektromagnetische Strahlung abgeben und gesundheitsschädlich sein. Auf dem Dach sollen sie zuvorderst Strom aus der Sonne erzeugen. Diesen Vorteil sehen auch immer mehr Menschen – im Juni 2022 waren in Deutschland 2,2 Millionen Photovoltaikanlagen (PV) installiert. Doch gibt es auch gesundheitliche Nachteile, die zu wenig bedacht werden?
PV-Anlagen erzeugen zunächst Gleichstrom, der durch einen Wechselrichter in Wechselstrom umgewandelt wird. Um die Solarmodule und die Modulverkabelung einer Solaranlage bildet sich ein elektrisches Gleichfeld, auch statisches Feld genannt. Das passiert nur bei Lichteinfall, also nicht in der Nacht. Zudem können elektrische Wechselfelder vom Wechselrichter in Richtung Stromnetz auftreten. Fachleute weisen jedoch darauf hin, dass ein elektrisches Gleichfeld nur sehr nahe an den Solarmodulen und den Gleichstromleitungen messbar ist. Der Wechselrichter sollte daher nicht in Wohnräumen, sondern etwa im Keller angebracht werden. Empfohlen wird zudem, dass der Wechselrichter einen Trafo besitzt, um Netzrückwirkungen auf die Module zu verhindern. Auch damit werde möglichst wenig Elektrosmog erzeugt. Ebenso schützt das Dach vor möglichem Elektrosmog. Ein Schlafzimmer unter dem Dach gilt nach aktuellem Kenntnisstand nicht als gesundheitsschädlich, auch weil es sich bei einer PV-Anlage um vergleichsweise geringe sogenannte Flussdichten und Feldstärken handelt.
PV-Anlagen erzeugen zunächst Gleichstrom, der durch einen Wechselrichter in Wechselstrom umgewandelt wird. Um die Solarmodule und die Modulverkabelung einer Solaranlage bildet sich ein elektrisches Gleichfeld, auch statisches Feld genannt. Das passiert nur bei Lichteinfall, also nicht in der Nacht. Zudem können elektrische Wechselfelder vom Wechselrichter in Richtung Stromnetz auftreten. Fachleute weisen jedoch darauf hin, dass ein elektrisches Gleichfeld nur sehr nahe an den Solarmodulen und den Gleichstromleitungen messbar ist. Der Wechselrichter sollte daher nicht in Wohnräumen, sondern etwa im Keller angebracht werden. Empfohlen wird zudem, dass der Wechselrichter einen Trafo besitzt, um Netzrückwirkungen auf die Module zu verhindern. Auch damit werde möglichst wenig Elektrosmog erzeugt. Ebenso schützt das Dach vor möglichem Elektrosmog. Ein Schlafzimmer unter dem Dach gilt nach aktuellem Kenntnisstand nicht als gesundheitsschädlich, auch weil es sich bei einer PV-Anlage um vergleichsweise geringe sogenannte Flussdichten und Feldstärken handelt.
Klaus Trost, Fachmann für Elektrosmog vom Wissenschaftsladen Bonn, sagt dazu: „Spezielle Erkenntnisse oder Studien über gesundheitliche Risiken durch Elektrosmog von Photovoltaikanlagen sind mir nicht bekannt. Ich erwarte auch keine besonderen Risiken, da nachts, wenn die Empfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Feldimmissionen am größten ist, die Sonne nicht scheint, folglich auch kein Strom in den PV-Modulen fließt und keine Magnetfelder erzeugt werden.“
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Lilly Bittner
Hitzewellen kosteten 16 Billionen Dollar: Hitzewellen sind nicht nur ein zukünftiges Problem, sondern haben auch in der Vergangenheit bereits enorme Kosten verursacht. Das berechnet eine Studie, die Ende Oktober in der Fachzeitschrift „Science Advances“ erschienen ist. Demnach führen Hitzewellen zu erhöhten Kosten im Gesundheitssektor, zu Ernteausfällen und dazu, dass Menschen weniger produktiv arbeiten können. All das kostete Staaten auf der ganzen Welt zwischen 1992 und 2013 etwa 16 Billionen US-Dollar. Besonders schwer betroffen sind einkommensschwache Staaten in wärmeren Regionen.
So haben extreme Hitzewellen in den wohlhabendsten Ländern der Welt durchschnittlich 1,5 Prozent des Bruttoinlandproduktes eingebüßt. In den ärmsten Ländern der Welt sank das BIP nach einer Hitzewelle im Schnitt um knapp sieben Prozent. Die Wirtschaft brauchte rund zwei Jahre, um sich vollständig zu erholen. Das liegt zuvor allem daran, dass die einkommensschwachen Regionen der Welt oftmals jene in den niedrigeren Breitengraden sind. Dort finden Hitzewellen häufiger und intensiver statt. Zum anderen arbeiten Menschen in diesen Regionen häufiger draußen und sind dem Wetter somit eher ausgesetzt. In den höheren Breitengraden zeigt die Studie indes, dass das BIP nach Hitzewellen im Schnitt um ein Prozent sinkt. In einigen dieser Regionen können Hitzewellen das Wirtschaftswachstum sogar leicht ankurbeln. Das liegt allerdings daran, dass extreme Hitzewellen oftmals mit einer allgemein erhöhten Durchschnittstemperatur einhergehen. In höheren Breitengraden, wie etwa in Norwegen, kann die Wirtschaft davon etwas profitieren.
Die Studie hat allerdings auch einige Einschränkungen. Sie definiert Hitzewellen als die fünf heißesten Tage im Jahr in einer Region. Wie lange Hitzewellen andauern und ob mehrere Wellen in einem Jahr in einer Region wüten, bleibt ausgeblendet. Somit unterschätzt die Studie die Auswirkungen eher. Zudem sind gerade für wärmere und einkommensschwächere Regionen keine Daten verfügbar. Für diese schätzten die Forscher die wirtschaftliche Lage und die höchsten Temperaturen. Trotzdem zeigen die Ergebnisse, dass der Klimawandel nicht jede Region in gleichem Maße betrifft – und, dass Anpassungsinstrumente günstiger sein könnten, als nichts zu tun. „Die Höhe der Ausgaben für Anpassungsmaßnahmen sollte nicht nur anhand des Preises dieser Maßnahmen bewertet werden, sondern im Vergleich zu den Kosten des Nichtstuns. Unsere Forschung zeigt, dass Nichtstun einen hohen Preis hat“, folgert Christopher Callahan, Erstautor der Studie.
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Lilly Bittner
Aktivistinnen demonstrieren in der senegalesischen Hauptstadt Dakar für das Klima. Foto: AFP
Die Eindämmung des Klimawandels stärkt Frauen: Frauen sind vom Klimawandel besonders hart getroffen. So sterben Frauen und Kinder vierzehnmal häufiger bei Unwetterkatastrophen als Männer. Sie werden etwa später gewarnt, können seltener schwimmen und kümmern sich auf der Flucht um Angehörige. So waren während des Tsunamis in Südostasien 2004 rund 70 Prozent der Todesopfer weiblich. Auch Dürren treffen Frauen oftmals härter. Sie sind häufig verantwortlich dafür, Wasser zu beschaffen. Besteht Wassermangel, müssen sie weitere Wege zurücklegen, teilweise bis zu zehn Kilometer. Dadurch können Mädchen etwa seltener die Schule besuchen. So kommt es, dass etwa 80 Prozent der Menschen, die wegen des Klimawandels fliehen, weiblich sind. Das fasst der Verein UN Women Deutschland zusammen. Wirken sich Eindämmungsmaßnahmen dementsprechend positiv auf die Rolle der Frauen aus?
Das zeigt eine Analyse von 319 Studien aus verschiedensten Regionen, die zwischen 2014 und 2020 veröffentlicht wurden. Die Studie wurde im August in der Fachzeitschrift „Humanities and Social Sciences Communications” veröffentlicht. So verbessern Klima-Anpassungen nicht automatisch die Rolle von Frauen. Waldbesitzer erhalten in einigen Länder etwa Zuschüsse, wenn sie diesen nachhaltig bewirtschaften. Weil Frauen seltener Land besitzen, profitieren davon eher Männer. Mehr als die Hälfte der Maßnahmen wirken sich aber durchaus positiv aus. So ist ein Anpassungsszenario, die Landwirtschaft wieder lokaler auszurichten. Frauen verfügen oftmals über viel lokales Wissen über Lebensmittel, weshalb ihre Position so gestärkt werden kann. Allerdings ist es relevant, inwiefern Frauen in die Anpassungsmaßnahmen eingebunden werden. Erhalten sie einen entlohnten Arbeitsplatz und mehr Mitspracherecht oder müssen sie lediglich mehr Hausarbeit leisten? So zeigt eine Untersuchung, dass Frauen oftmals kein Mitspracherecht erhalten, wo Meeresschutzgebiete entstehen sollen. Ihr Ort zum Fischen fällt dann weg. In Bangladesch hingegen wurden Frauen eingebunden, Aquakulturen zu bewirtschaften, wodurch viele einen Arbeitsplatz erhielten.
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Lilly Bittner
Ein Batteriespeicher in Schwerin. Foto: dpa
Wie weit ist Deutschland mit dem Speichern erneuerbarer Energien? Wie viel Energie Windräder und Solaranlagen produzieren, schwankt je nach Wetterlage, Tages- und Jahreszeit. Möchte man ausschließlich erneuerbare Energien beziehen, müssen diese gespeichert werden. So können Haushalte auch mit Strom versorgt werden, wenn es bewölkt und windstill ist. In Deutschland existieren solche Speicher allerdings noch nicht umfassend. Sämtliche Speicher wären hierzulande in weniger als einer halben Stunde leer, wenn sie allein die Bevölkerung mit Strom versorgen müssten. Die heute installierten Batteriespeicher wären nach weniger als einer Minute leer. Das schreibt die Bundesnetzagentur in einem Bericht aus dem vergangenen Jahr. Demnach waren 2021 150.000 Speicher in Deutschland installiert. Die meisten von ihnen sind in privaten Haushalten, die damit Strom aus ihrer eigenen Solaranlage speichern, um diesen selbst nutzen zu können, anstatt ihn einzuspeisen, wenn sie den Strom nicht sofort benötigen. Aber warum gibt es hierzulande so wenige große Speicheranlagen? Das Wirtschaftsministerium schreibt, dass diese zwar perspektivisch notwendig, „aber heute noch meist teuer und teilweise im Entwicklungsstadium“ seien. So bedarf es an Forschung, bis Speicher umfassend eingesetzt werden können. Auf welche Technologien darf man hoffen?
- Batteriespeicher: Batterien sind eine bewährte Maßnahme, um Strom zu speichern. Ihr Wirkungsgrad liegt bei bis zu 90 Prozent, es geht also wenig Energie verloren. Allerdings speichern sie Energie vor allem kurzzeitig. Sie können Schwankungen ausgleichen, die entstehen, wenn eine Wolke vorbeizieht oder eine starke Böe durch einen Windpark zieht. Eine der größten kommerziellen Batteriespeicher Europas liegt in Schwerin. Hier sind mehr als 25.000 Lithium-Ionen-Akkus installiert. Diese können für eine Stunde fünf Megawatt einspeisen, also in etwa die Leistung eines großen Windrades.
- Druckluftspeicher: Mit überschüssigem Strom kann Luft in einen Hohlraum, etwa in unterirdische Salzstöcke, gepresst werden. Die Druckluft kann je nach Bedarf wieder freigelassen werden, wobei sie eine Turbine antreibt. Die Wirkungskraft ist mit rund 40 Prozent allerdings gering. Das liegt daran, dass im Prozess viel Wärme entsteht, weshalb die Anlage wieder abkühlen muss. Würde die Wärme genutzt, könne man den Wirkungsgrad erhöhen.
- Power-To-Gas: Möglich ist es zudem, mit der überschüssigen Energie Wasser zu spalten und so Wasserstoff zu produzieren. Dieser kann bisher aber nur begrenzt in das vorhandene Erdgasnetz eingespeist werden. Man kann den Wasserstoff auch mit Kohlenstoffdioxid kombinieren und so Erdgas produzieren. Das kann man vollständig einspeisen, bei der Umwandlung gehen allerdings rund zwei Drittel der Energie verloren.
- „Smart Grid“: Zudem wird der Vorschlag immer lauter, überschüssige Energie in vielen kleinen Batterien zu speichern. Mithilfe eines intelligenten Stromnetzes soll überschüssiger Strom beispielsweise in E-Autos gespeichert werden. Steigt der Bedarf, soll der Strom wieder eingespeist werden. Die Voraussetzung ist, dass E-Autos an Ladesäulen geschlossen sind, wenn sie nicht benutzt werden.
- Pumpenspeicher: Solche Anlagen sind laut Wirtschaftsministerium „derzeit die einzige in nennenswertem Umfang nutzbare Speichertechnik“ hierzulande. Sie sind an einem Hügel installiert, an dem zwei Stauseen auf unterschiedlicher Höhe angelegt werden. Besteht ein Überangebot an Strom, wird Wasser in den höher gelegenen See gepumpt. Steigt die Nachfrage, rauscht das Wasser wieder hinunter und passiert dabei eine Turbine, die Strom erzeugt. Der Wirkungsgrad der Anlage liegt bei bis zu 80 Prozent.
- So setzt Deutschland mit dem Seekabel Nordlink darauf, von den norwegischen Wasserkraftanlagen zu profitieren. Produzieren Windräder und Solaranlagen hierzulande mehr Strom als benötigt, kann dieser nach Norwegen geleitet werden. Benötigt Deutschland Strom, liefert Norwegen diesen. Denn das Land produziert seinen Strom fast ausschließlich in Wasserkraftanlagen, die zu großen Teilen witterungsunabhängig sind. So werden erneuerbare Energien zwar nicht gespeichert, können aber im Falle eines Überschusses trotzdem verbraucht werden. Zeitgleich profitiert Deutschland von Norwegens Wasserkraft, die ganzjährig verfügbar ist.
- Eine weitere Pumpentechnologie entwickelte im vergangenen Jahr das niederländische Start-up Ocean Grazer, einem Spin-off der Universität Groningen. Der neue Pumpenspeicher kann unter Wasser in Off-Shore-Windparks installiert werden. In einer festen Betonröhre wird Wasser gespeichert, das mit überschüssiger Energie in eine Blase gepumpt wird. Wird Strom benötigt, drückt die Blase das Wasser über eine Turbine zurück in das Rohr. So können zehn Megawattstunden Strom gespeichert werden.
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Lilly Bittner
Der weltweit erste wasserstoffbetriebene Zug. Foto: dpa
Wofür brauchen wir Wasserstoff? Mit Wasserstoff kann man prinzipiell alles machen, wofür wir bisher Kohle, Erdgas und -öl benötigten. Allerdings kommt Wasserstoff in der Natur nur gebunden vor, beispielsweise in Wasser oder Erdgas. So muss man zusätzliche Energie aufwenden, um es zu spalten. Die Internationale Energieagentur berechnete 2019, dass bei der Herstellung von grünem Wasserstoff zwischen 20 und 40 Prozent der Energie verloren gehen. Hinzu kommen Verluste, um das Gas transportfähig zu machen. Entweder man verdichtet es, wobei zusätzliche 15 Prozent Energie verloren gehen. Oder aber man verflüssigt das Gas, wofür man wiederum ein Viertel der Energie benötigt. Daher setzen Unternehmen wo immer möglich auf die direkte Nutzung von Strom, wie etwa bei E-Autos oder Wärmepumpen. Einige Bereiche sind allerdings nicht elektrifizierbar, weil Batterien nicht genügend oder lang genug Leistung erbringen.
- Wasserstoff kann als Speicher für regenerative Energien dienen. Denn produzieren Windkraft- oder Solaranlagen mehr Strom als benötigt, werden diese derzeit ausgeschaltet. Das Öko-Institut schätzt allerdings, dass sich Wasserstoff erst als Speicher lohnt, wenn mindestens 80 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Quellen stammen. Ansonsten sind kurzfristige Speicher wie Akkus effektiver.
- Auch auf der Straße setzen immer mehr auf eine elektrische Infrastruktur. Batterien und Ladesäulen entwickeln sich so rasant fort, dass schon jetzt elektrische Lkw auf dem Markt sind. Müssen diese schwere Lasten über weite Strecken befördern, könnten die Batterien jedoch an ihre Grenzen stoßen. Hier kann Wasserstoff eine sinnvolle Ergänzung bieten.
- Im Schienenverkehr können die meisten Streckenteile elektrifiziert und Züge somit durch erneuerbare Energien betrieben werden. Auf nichtelektrifizierten Strecken kann Wasserstoff Dieselloks ablösen. So startete zwischen Cuxhaven und Buxtehude Ende August die weltweit erste Flotte wasserstoffbetriebener Züge. Insgesamt sollen dort bald 14 unterwegs sein, die zusammen jährlich 1,6 Millionen Liter Diesel einsparen können.
- Die Schifffahrt ist nicht elektrifizierbar, weil die Schiffe meist lange Strecken zurücklegen müssen und auf der Strecke keine Ladesäulen installiert werden können. Deshalb forschen einige Initiativen an wasserstoffbetriebenen Schiffen. So entwickelt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt die erste wasserstoffbetriebene Hochseefähre für den Personen- und Fahrzeugtransport mit.
- Ähnliches gilt für den Luftverkehr. Hier plant Airbus bereits, bis 2035 ein kleines Passagierflugzeug mit Wasserstoffantrieb zu entwickeln.
- Neben dem Transportwesen ist auch die Industrie angewiesen auf Wasserstoff, um klimaneutral zu werden. Stahlproduzenten können anstelle von klassischen Hochöfen Direktreduktionsanlagen einsetzen. Darin entzieht Wasserstoff dem Eisenerz unter hohen Temperaturen Sauerstoff. In den Hochöfen entzieht Koks Sauerstoff, das zu großen Teilen aus CO₂ besteht. Die Anlagen übergreifend umzubauen, ist allerdings sehr teuer. So arbeitet Thyssen-Krupp derzeit an einem Modell, das Wasserstoff in den Hochofen bläst und so einen Teil des Kokses ersetzt. Denn dafür braucht es keine neuen Anlagen.
- Auch die Chemieindustrie setzt immer mehr auf Wasserstoff, um klimaneutral zu werden. Sie ist aktuell der größte Nutzer von Wasserstoff. Um den Sektor vollständig zu dekarbonisieren, brauche es laut dem Verband der Chemischen Industrie auch hier neue Technologien.
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Lilly Bittner
Besorgnis über den Klimawandel. Quelle: Whitmarsh et al., 2022
Der Klimawandel beeinträchtigt die mentale Gesundheit: Der Klimawandel wird zunehmend als Bedrohung für die menschliche Gesundheit wahrgenommen. Er führt nicht nur zu körperlichen, sondern auch zu psychischen Beeinträchtigungen. Gerade junge Menschen verspüren Klimaangst. Eine Befragung von zehntausend 16- bis 25-Jährigen in zehn Ländern zeigt, dass 45 Prozent das Gefühl haben, der Klimawandel würde ihr tägliches Leben negativ beeinflussen. Wie verbreitet Klimaangst unter Erwachsenen ist, wurde bisher allerdings kaum untersucht. Eine Studie, die Ende August im Fachmagazin „Journal of Environmental Psychology“ erschien, zeigt nun, dass mehr als drei Viertel der Erwachsenen über den Klimawandel besorgt sind. Angst empfinden weniger als fünf Prozent. Befragt wurden mehr als eintausend Erwachsene in Großbritannien. Eine ältere Studie aus Deutschland zeigte ähnliche Ergebnisse hierzulande.
Am meisten betroffen sind Menschen, die sich viel über den Klimawandel informieren. Denn Bilder von Waldbränden, Stürmen und weiteren Extremereignissen lösen Angst aus. Auch eine allgemein höhere Ängstlichkeit und eine hohe Naturverbundenheit können Klimaangst verstärken. Obwohl eine amerikanische Studie zeigte, dass das die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen kann, zeigt die vorliegende Befragung andere Ergebnisse. Die Befragten, die Klimaangst verspüren, ergreifen eher klimaschützende Maßnahmen, etwa beim Energiesparen dem Wiederverwenden von Gegenstände. Ihren Lebensstil ändern sie indes nicht, verzichten also beispielsweise nicht eher auf Fleisch. Trotzdem deuten die Ergebnisse darauf hin, „dass die Medien eine wichtige Rolle bei der Schaffung positiver, umweltfreundlicher Verhaltensänderungen spielen könnten, aber nur, wenn sie die Realität des Klimawandels sorgfältig vermitteln, ohne ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit hervorzurufen“, sagt Lois Player, Mitautorin der Studie.
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Quelle: FAZ.NET
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