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Länder- und Firmen-Ranking : Die Weltrangliste der Urwaldsünder

Abholzung auf Borneo. Bild: dpa

Auf dem UN-Gipfel haben alle getönt: Keine Urwaldzerstörung mehr bis 2030. Ein britisches Projekt hat jetzt Hunderte Konzerne, Investoren und Länder geprüft. Deutschland schneidet gut ab, doch ein Hort für Steuersünder noch viel besser.

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          Jetzt heißt es Farbe bekennen: grün oder grau, weiße oder schwarze Weste? Vor einem halben Jahr, nur einen Tag nach dem bislang größten Protestmarsch gegen Urwaldzerstörung und für den weltweiten Klimaschutz, waren reihenweise Konzernlenker und Politiker im Hauptquartier der Vereinten Nationen mit großer Geste aufgetreten. Viele unterzeichneten die „New York Declaration on Forests“ und willigten so ein, dabei mitzuwirken, bis 2020 die weltweite Abholzungsrate um die Hälfte  und zehn Jahre später auf null zu senken. Auch nach dem Gipfel ging es mit den grünen Bekenntnissen munter weiter. Dutzende Regierungsvertreter und Firmenchefs haben mittlerweile ihre Unterschrift unter das historisch einmalige Dokument zum Schutz der Wälder gesetzt. Doch was sind diese Unterschriften wert?

          Kahlschag für Palmöl-Plantagen: Flug über Zentral-Kalimantan auf Borneo.
          Kahlschag für Palmöl-Plantagen: Flug über Zentral-Kalimantan auf Borneo. : Bild: AFP
          Joachim Müller-Jung
          Redakteur im Feuilleton, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“.

          Eine britische Nichtregierungsorganisation, Global Canopy Programme, ist von der Regierung in London und zu einem geringen Teil von einer amerikanischen Klimaschutzinitiative finanziell unterstützt worden, um genau das herauszufinden:  Reden die Verantwortlichen nur, wie in der Vergangenheit so oft, oder tun sie schon etwas? Ihre monatelangen Recherchen haben nun zur Veröffentlichung eines globalen Rankings geführt, das fünfhundert Institutionen nach ihrem Beitrag zum Waldschutz listet. 250 große Konzerne wurden ebenso bewertet wie die politischen Nachhaltigkeitsinitiativen von fünfzig Ländern oder Regionen und - besonders kritisch, wie sich herausstellte - die Investments und selbstauferlegten Regeln großer Banken und Investoren. Außer Konkurrenz, weil quasi nicht direkt miteinander vergleichbar , wurden weitere privaten Organisationen und Unternehmen bewertet, die sehr indirekt Teil der Verwertungskette von Regenwaldprodukten sind.

          „Forest 500“, so die Bezeichnung des neuen Öko-Rankings, hat sich zum Ziel gesetzt, fortlaufend jedes Jahr Dutzende von Indikatoren für ein nachhaltiges Wirtschaften zu bewerten und die entsprechenden Gesetze in die Beurteilung mit einfließen zu lassen. Die erste Runde war dabei durchaus ernüchternd. „Es tut sich inzwischen zwar viel in den großen Firmen“, sagt der Manager des Programms „Drivers of Deforestation“, der österreichische Wissenschaftler Mario Rautner aus Oxford. Viele vor allem der großen Wirtschaftsbetriebe versuchten wohl tatsächlich, ökologische Politiken zu installieren. Aber dass die entscheidenden Mitspieler schon die Weichen für ein Ende des Raubbaus im Regenwald gestellt hätten, ist offenbar noch immer nicht zu erkennen. „Nur eine kleine Minderheit ist bisher darauf eingestellt, das Problem wirklich anzupacken“, heißt es in der Bilanz der ersten Bewertungsrunde.

          Für die Analyse sind öffentlich zugängliche nationale Datenquellen ausgewertet worden, dazu wissenschaftliche Untersuchungen, die Firmenjahrbücher und andere Dokumente aus den Organisationen selbst. Geprüft wurde, welche Institutionen politisch korrekt im Hinblick auf die Nutzung der Wald- und Bodenressourcen agieren. Insgesamt flossen nach Angaben der Initiative mehr als 40.000 Datenpunkte ein. Jede Organisation wurde auf einer Skala von 0 bis 5 Punkten eingestuft, basierend auf entsprechenden Bewertungen der Einzelindikatoren. Insgesamt, so behaupten die Ranking-Initiatoren, kontrollieren die untersuchten Firmen und Länder die gesamte weltweite Verwertungs- und Handelskette, angefangen  von Grundstoffen und Lebensmitteln wie Soja und Palmöl, Fleisch, Leder, Holz und Papierprodukte bis zu den Endprodukten. Diese repräsentieren gut die Hälfte der in Supermarktketten angebotenenen Waren, ihr Handelswert soll sich auf mehr als hundert Milliarden Dollar jährlich belaufen. 

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