Weltklimavertrag : Waldschützer auf Leben und Tod
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Asháninka-Anführerin Diana Rios und Hollywood-Schauspieler Alec Baldwin vor dem UN-Klimagipfel. Bild: Joachim Müller-Jung
Die Unterzeichnungszeremonie für den Weltklimavertrag beginnt. Ein politischer Triumph, bei dem nur eine Gruppe offen trauert: Die indigenen Völker. Für sie geht es um Leben und Tod. Ein Hollywoodstar steht ihnen bei.
Man weiß nicht, wie viele Stunden Alec Baldwin zurzeit schläft; mit einer zweijährigen Tochter und einem zehn Monate alten Säugling dürfte der 58-jährige amerikanische Schauspieler jedenfalls genug Beschäftigung zu Hause haben, um unausgeschlafen zu wirken. Aber dieses leicht Verrückte in seinem Auftreten verflog an diesem frühen Morgen im zwölften Stock der Ford Foundation ganz schnell, als ihm am Tisch vom Schicksal der jungen Sopheak Phon berichtet wurde.
Die kambodschanische Aktivistin, die zusammen mit ihrem Mann vor zwei Jahren den „Äquator-Preis“ erhalten hatte, war kürzlich in ihrer Heimat von illegalen Holzfällern attackiert und lebensgefährlich verletzt worden. Baldwin war Anfang Dezember wie so viele andere prominente Umweltaktivisten zum Weltklimagipfel nach Paris gefahren und hatte dort mit Sopheak Phon gesprochen. Seine Fassungslosigkeit war deshalb leicht zu verstehen.
„Das Mindeste, was wir diesen Menschen bieten müssen, ist mehr Sicherheit. Dafür muss weiter Druck in den Ländern aufgebaut werden“, sagte Baldwin. Seit einiger Zeit hat der amerikanische Serienstar und Hollywood-Schauspieler sein Herz an die indigenen Völker verschenkt. Sie sind für ihn der Schlüssel für den Umweltschutz, nicht allein zum Schutz der Regenwälder, sondern auch im Kampf gegen den Klimawandel. „Wir Amerikaner können viel von diesen Menschen lernen, wie man für sein Land einsteht“, sagte Baldwin.
Zusammen mit einer ganzen Reihe indigener Abgesandter ist er zur Unterzeichnungszeremonie der Vereinten Nationen nach Manhattan gekommen, um den vom Pariser Verhandlungserfolg euphorisierten Mächtigen wenigstens für einen Moment in die Suppe zu spucken. Klimaschutz, so die Botschaft, ist für die, die es in ihrem täglichen Leben ernst meinen, oft ein mörderisches Geschäft. Seit dem Jahr 2000 sind mehr als 900 Aktivisten in ihrem Kampf um den Lebensraum Wald getötet worden, Tendenz steigend. Zuletzt waren es zwei Morde pro Woche, in Asien, Afrika oder in Südamerika.
So erging es auch dem Asháninka-Führer Jorge Rios in Peru, dem Vater von Diana Rios, die anderthalb Jahre nach seiner und der Ermordung von drei weiteren Regenwaldaktivisten nach New York gekommen ist, um sein Erbe als Kämpferin für die Indigenen-Rechte anzutreten. „Die Politiker müssen endlich anerkennen, dass wir den Wald nicht nur für uns behüten, sondern für die ganze Menschheit“, sagte Diana auf ihrem Platz neben Baldwin. Und der reagierte mit klaren Worten: „Das Fehlen der Landrechte unterminiert eure Bemühungen, nicht nur den Klimawandel zu bekämpfen, sondern auch Armut und Hunger.“
Die 1,5 Milliarden Menschen, die als lokale Bevölkerungsminderheiten und indigene Gruppen angesehen werden, sind als Hüter der Wälder längst anerkannt. Sie leben auf 65 Prozent der weltweiten Landflächen, besitzen oder kontrollieren jedoch lediglich ein Achtel. Seit Jahren wird ihr Land als gewaltiges Pfund im Klimaschutz gehandelt. Die Wälder als natürliche Kohlenstoffspeicher haben immer größere Bedeutung erhalten und es zuletzt eben deshalb auch als klimapolitisches Standbein in den Weltklimavertrag von Paris geschafft.
Nimmt man die von den Indigenen bewirtschafteten Flächen zusammen, entspricht das den Kohlenstoffspeicherkapazitäten ganz Nordamerikas. Würde man sie zerstören, würde neunundzwanzigmal so viel Kohlendioxid freigesetzt wie die Emissionsmengen aller Fahrzeuge weltweit. Die Naturwälder sind also ein mächtiges Kapital im Klimaschutz. Wie eine neue Studie des amerikanischen Woods Hole Research Centers deutlich macht, könnte die Staatengemeinschaft mit konsequentem Waldschutz zehn bis fünfzehn Jahre für den Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft gewinnen.