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Ab in die Botanik : Im Garten ein Zeichen für den Frieden setzen

Auch wer nichts für Tauben übrig hat, kann im Garten das eine andere Zeichen für Frieden setzen, beziehungsweise anpflanzen. Bild: Illustration Charlotte Wagner

Es muss nicht gleich ein Apfelbäumchen sein, es gibt noch andere Möglichkeiten, ein Symbol der Solidarität oder des Friedens zu pflanzen, aktuell bevorzugt in Blau-Gelb.

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          Ich werde morgen ein Apfelbäumchen pflanzen, obwohl ich heute schon weiß, dass es möglicherweise zu spät ist. Spätestens im März sollte das erledigt sein, raten Experten, sonst wächst das Bäumchen nicht an. Der beste Zeitpunkt, um ein Apfelbäumchen anzupflanzen, ist der Herbst. Dann kann das Rosengewächs genug Wurzeln schlagen, um im Sommer gut versorgt zu sein. Jetzt ist allerhöchste Zeit.

          Andreas Frey
          Freier Autor in der Wissenschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

          Wenn ich ehrlich bin, gefällt mir aber weder das Apfelbäumchen noch die Symbolik dieser Pflanzaktion. Ich meine nicht den Brauch, für jedes Kind ein Apfelbäumchen zu pflanzen, das hat Charme, wobei die dürren Gerippe, die meine Heimatstadt als sogenannte Geburtsbäumchen verschenkt, alles andere als Wachstum und Zukunft verkörpern. Nein, ich meine den Lutherschen Hintersinn, die Zuversicht im Angesicht des Weltuntergangs, auch wenn er diesen Spruch so wahrscheinlich nie gesagt hat. Es klingt mir zu sehr nach Defätismus.

          Friede, Freude, Lindenbaum

          Wer in der Krise wirklich Zuversicht versprühen möchte, der sollte im Garten anders aktiv werden. Eine Linde könnte man beispielsweise pflanzen, die gelte als Symbol für Gerechtigkeit, Liebe, Frieden und Heimat, sagen Forstbotaniker der Universität Göttingen. Dazu ein Zitat von Martin Luther, das wohl wirklich von ihm stammt: „Die Linde ist unser Friede- und Freudebaum.“ Aber bei aller Liebe für die Friedensstifterin, nicht jeder hat Platz für ein solches Monument im Planquadrat. Zum Glück gibt es platzsparende Alternativen, beispielsweise Efeu, ein herzförmiger und oft unterschätzter Gartenbewohner, der mir allerdings zu wenig hermacht. Oder ehrwürdiger Lorbeer, der zwar gut riecht, aber fast zu wuchtig ist. Zudem wird er schon mit Ruhm, Sieg und Stärke assoziiert, das muss reichen.

          Wer im Garten nun ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine setzen möchte, sollte lieber Blümchen in Blau-Gelb pflanzen. Das Vorbild liefert die Flagge, mit einem azurblauen Himmel über einem goldenen Kornfeld wie ein Gemälde von Mark Rothko, tatsächlich sind Herkunft und Bedeutung unklar. Ein Problem mit dieser Solidarität gibt es jedoch: Blumen mit blauen Blüten sind selten, weil die Produktion eines solchen Farbstoffs aufwendig ist. Daher stellen nur solche Pflanzen diese Farbstoffe her, die sich in harter Konkurrenz um Bestäuber gegen andere durchsetzen müssen, stellten Botaniker der Universität Bayreuth vergangenes Jahr im Fachblatt „Frontiers in Plant Science“ fest. Denn das Blau zieht die Bestäuber geradezu magisch an, damit haben Pflanzen mit blauen Blüten auf einer Blumenwiese einen Vorteil.

          Blaue Blüten als Evolutionsvorteil

          Als Zeichen der Solidarität eignen sich Vergissmeinnicht (Myosotis spec.) meiner Meinung nach hervorragend. Die blauen Blümchen mit gelbem Auge beginnen – je nach Art – im April zu blühen und sind eine Zierde für jeden Garten, selbst in politisch ruhigen Zeiten. Bevorzugt an sonnigen Flecken, pflegeleicht sind sie ohnehin. Schwertlilien sind ebenfalls in leuchtendem Blau-Gelb erhältlich, und auch ihre Stauden mögen es sonnig.

          Wem das alles zu viel der Symbolik ist: Das Buckeln im Garten ist auch fern eines blau-gelben Blütenmeers empfehlenswert: Es macht die Rübe frei und lenkt vom Weltgeschehen ab. Für alle Übereifrigen gibt es an dieser Stelle einen Warnhinweis: In der kommenden Woche strömt kalte Kontinentalluft nach Deutschland, na ja, sie kommt ziemlich direkt aus Russland. Alle frostempfindlichen Pflanzen sollten weiterhin drinnen bleiben, nachts wird es bitterkalt. Aber auch diese Phase wird zu Ende gehen. Das Leben lässt sich nicht unterdrücken.

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