BIZ-Bericht : Was, wenn Zinserhöhungen gar nicht wirken?
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Die BIZ in Basel. Bild: Reuters
Notenbanken straffen ihre Geldpolitik. Doch in der Praxis steigen die Zinsen nicht richtig. Die Bank der Zentralbanken fragt: Was ist da los?
Die amerikanische Notenbank Fed erhöht den Leitzins und verkauft ihre zuvor erworbenen Anleihen. Doch die Maßnahmen zur Straffung lassen die Finanzmärkte kalt: Statt steigender Zinskonditionen haben sich zum Beispiel die Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen gelockert. Das beunruhigt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem am Sonntag veröffentlichten Quartalsbericht. Die in Basel ansässige „Bank der Zentralbanken“, die für Notenbanken Devisenreserven verwaltet und zudem als wirtschaftswissenschaftliche Denkfabrik dient, bezeichnet die Entwicklung als „Straffungsparadox“.
Der Leiter der Währungs- und Wirtschaftsabteilung der BIZ, Claudio Borio, stellt die geldpolitische Straffung der Fed in Frage, weil sie an den Märkten verpufft ist. Für Borio sind die Finanzierungskonditionen an den Märkten aber der wichtigste Übertragungsweg geldpolitischer Maßnahmen. „Kann man eine Straffung als wirksam ansehen, wenn die Finanzierungsbedingungen ganz offensichtlich lockerer werden?“ Lautet die Antwort nein, dann stellt sich für Borio die Frage, was die Zentralbanken tun sollten.
Sind die Vermögenspreise zu hoch?
Die Volkswirte der BIZ verweisen in diesem Zusammenhang auf die weiterhin bestehenden Bedenken hinsichtlich überbewerteter Vermögenspreise, wie sie immer wieder an den Aktien- und Immobilienmärkten befürchtet werden. In ihrem Quartalsbericht nennen sie die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bank von Japan als einen Grund für die in der ganzen Welt günstigen Finanzierungsbedingungen, obwohl die Fed als Anbieter der wichtigsten Währung, des Dollars, die geldpolitischen Zügel gestrafft hat.
Borio sieht eine weitere Ursache in der Vorhersehbarkeit geldpolitischer Maßnahmen. Die Zentralbanken bereiteten die Märkte gezielt darauf vor und gäben ihnen die Sicherheit, dass die Zinsanhebungen oder der Abbau der Bilanzen langsam und schrittweise voranschreite. Die Marktteilnehmer gingen dann davon aus, dass die straffere Geldpolitik die Konjunktur nicht zu stark bremse oder Turbulenzen an den Börsen auslöse. Diese Gewissheit erhöhe die Risikobereitschaft der Anleger und bewirke geringere Risikoprämien. Die Fragen nach Handlungsspielräumen der Zentralbanken werden laut Borio „in einer Zeit, in der graduelles Vorgehen und Vorhersehbarkeit zur Norm werden, an Dringlichkeit zunehmen“.
Weil die Straffung noch nicht begonnen habe, bestünden die Schwachstellen aufgrund der ungewöhnlich langen Phase extrem niedriger Zinsen unverändert fort. Im Quartalsbericht werden hohe Schuldenstände ebenso wie zu ambitionierte Kursbewertungen als Risiken für die Weltwirtschaft genannt. Die kurzfristige Ruhe könne zum Preis langfristiger Turbulenzen erkauft werden, befürchtet Borio.