Zahlen gehören zur BWL, sind aber nicht immer wahr
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Beliebtes Studienfach: BWL-Vorlesung an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) in Münster Bild: dpa
Kleben Betriebswirte zu stark an Zahlen? Die Mathematik darf nicht aus der BWL verbannt werden. Doch auch für Kreativität muss Raum bleiben. Ein Gastbeitrag.
Die aktuelle Diskussion um die Berechenbarkeit und Unberechenbarkeit betriebswirtschaftlicher Entscheidungen in der F.A.Z. vom 14. und 28. November fokussiert auf objektive versus subjektive Wahrscheinlichkeiten sowie die Homogenität versus Individualität in betriebswirtschaftlichen Entscheidungsprozessen. Je nach Standpunkt wird eine komplette Neuausrichtung der Betriebswirtschaftslehre (BWL) gefordert oder lediglich eine veränderte Nutzung vorhandenen Instrumentariums angeregt. Allerdings geht es nur an der Oberfläche um (Un)Berechenbarkeit. Das Problem liegt wesentlich tiefer. Die Ausrichtung der BWL hängt davon ab, wie sie mit der (Un)Wissbarkeit von Zukünftigem und der hiermit verbundenen (Un)Kontrollierbarkeit von Unternehmenserfolg umgeht.
Was kann man wissen und kontrollieren, was nur vermuten und erhoffen? Ein Vorstandsmitglied stellt dem Aufsichtsrat zum Beispiel einen Vorschlag für eine zustimmungspflichtige Investition vor. Im Hinblick auf die Erfolgsaussichten fragt ein Mitglied des Aufsichtsrats: „Wissen Sie das, oder vermuten Sie es?“ Drei Antwortalternativen stehen zur Auswahl: „Ich weiß es“, „Ich vermute es“ und „Ist die Frage ernst gemeint?“. Die erste Antwort wäre gelogen oder illusorisch, die zweite ehrlich und die dritte brächte das betriebswirtschaftliche Grundproblem auf den Punkt. Die Frage stellt sich nämlich nicht, da alles Zukünftige nicht gewusst werden kann. Wissen im Sinne feststellbarer, intersubjektiv überprüfbarer Tatsachen und Zusammenhänge kann nur über das bestehen, was war. Wissen kann falsch (Irrtum) oder unvollständig (Knowable unknowns) sein. Hiervon ist Nichtwissen zu unterscheiden, das nicht gewusst werden kann (Unknowable unknowns). Wenn fälschlicherweise angenommen wird, etwas zu wissen, was nicht gewusst werden kann, liegt eine Wissensillusion vor.
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