Mieter in einer Wohnung in Frankfurt. Auch in der Main-Metropole sind die Mieten und Hauspreise in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Bild: dpa
Vor allem Jüngere können sich eine größere Wohnung oder gar eigene vier Wände kaum noch leisten. Mit unserem Tool können Sie Ihre Wohnfläche mit den Platzverhältnissen anderer Gruppen vergleichen.
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Im Corona-Lockdown sehnen sich viele Deutsche nach mehr Platz, einem zusätzlichen Arbeitszimmer oder einer größeren Terrasse. In der Realität müssen vor allem Mieter diese Träume angesichts der rasant steigenden Preise jedoch begraben. „Gerade in angespannten Wohnungsmärkten bleiben viele Mieter in ihren alten Wohnungen, weil sie sich eine größere nicht leisten können“, beschreibt Immobilienökonom Pekka Sagner im Gespräch mit der F.A.Z. die Lage. In den Metropolregionen reagiere die Bauwirtschaft schon auf das Phänomen: „In den Städten werden kleinere Wohnungen als früher gebaut.“
In einem Bericht für das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), der an diesem Montag erscheint, zeichnet Sagner genau nach, welche Gruppen in Deutschland auf wie viel Fläche wohnen. Der durchschnittliche Deutsche hat demnach exakt 41 Quadratmeter für sich zur Verfügung. Die „oberen 10 Prozent“, also die Menschen mit der meisten Fläche, können sich auf mehr als 83 Quadratmeter je Kopf ausbreiten. Die „unteren 10 Prozent“ haben höchstens 22 Quadratmeter für sich.
Wird anstelle der Wohnfläche je Kopf die gesamte Wohnfläche betrachtet (unabhängig davon, wie viele Personen in der Immobilie leben), dann ist die mittlere Wohnung in Deutschland 100 Quadratmeter groß.
Eigentümer haben viel mehr Platz als Mieter
Allerdings zeigen sich enorme Unterschiede zwischen Eigentümern und Mietern. Immobilieneigentümer leben im Mittel in 125 Quadratmeter großen Wohnungen, die durchschnittliche Mietwohnung ist hingegen nur 75 Quadratmeter groß. Ein Eigentümer hat je Kopf gerechnet 48 Quadratmeter für sich, ein Mieter hingegen nur 35. Die großen Unterschiede liegen allerdings nicht nur daran, dass Eigenheimbesitzer im Durchschnitt wesentlich mehr Vermögen haben als Mieter. Ein wesentlicher Grund ist auch, dass Mieter vor allem in Städten leben. Auf dem Land, wo Wohnraum verhältnismäßig günstig ist und deshalb großzügiger gebaut wird, beträgt die Eigentumsquote dem IW zufolge etwa 75 Prozent, nur jeder Vierte lebt zur Miete. In den großen Städten kehrt sich das Verhältnis um, dort müssen drei von vier Menschen Miete zahlen.
Wenn Sie Ihre Wohnfläche mit dem Platz vergleichen möchten, den andere Menschen in Deutschland zur Verfügung haben, können Sie das mit dieser interaktiven Grafik des IW Köln machen. Sie zeigt die Verteilung der Wohnungsgrößen in Deutschland. Die Kurve auf der linken Seite stellt die Gesamtbevölkerung dar: von kleinen Wohnungen (unten) bis großen Wohnungen (oben). Wo sich die Kurve erhebt, steigt die Zahl der Menschen mit dieser Wohnungsgröße. Sie können weitere Teilgruppen auswählen und miteinander vergleichen, zum Beispiel verschiedene Altersgruppen, Haushaltstypen und Bildungsniveaus:
Die weiterhin stark steigenden Mieten werden auch auf dem Wohngipfel der Bundesregierung am Dienstag ein wichtiges Thema sein. Schon vor dem Gipfel kündigte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) in den Zeitungen der Funke-Gruppe weitere Schritte an, um den Mietanstieg zu bremsen. „Wir werden die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen strenger begrenzen“, sagte Lambrecht. Außerdem werde das Mietspiegelrecht reformiert, um seine Instrumente wirksamer zu machen.
Die Gewerkschaft IG Bau kritisierte die Wohnungsbaupolitik der vergangenen Jahre scharf. Weil der Staat für die Mieten von Hartz-IV-Empfängern aufkomme, zahle der Steuerzahler auch die Kosten der „Mieten-Explosion“. Demnach stiegen die Mietpreise für Wohnungen von Hartz-IV-Empfängern mit einfachem Standard von Anfang 2015 bis Oktober 2020 von 5,43 Euro Kaltmiete auf 6,96 Euro Kaltmiete je Quadratmeter. Diesem Anstieg von 28 Prozent steht ein Anstieg der Verbraucherpreise von lediglich 7,5 Prozent entgegen. Hätten sich die Mietpreise analog zu den Verbraucherpreisen entwickelt, hätten Bund und Kommunen 1,9 Milliarden Euro gespart.
Wohneigentumsquote sinkt
Das Ziel der Bundesregierung, den Anteil der Hausbesitzer zu erhöhen, rückt unterdessen in weite Ferne. Schon vor zwei Monaten wurde bekannt, dass der Prozentsatz der Haushalte, die in einem Eigenheim wohnen, zum ersten Mal seit 1993 gesunken ist. Einer Analyse des Forschungsinstituts Empirica zufolge betrug die Wohneigentumsquote im Jahr 2018 lediglich 42 Prozent und damit einen Prozentpunkt weniger als fünf Jahre zuvor.
Wie Ökonom Sagner nun schreibt, trifft die Entwicklung vor allem jüngere Menschen. Demnach hat sich der Anteil der Unter-45-Jährigen Immobilienbesitzer seit der Jahrtausendwende halbiert und lag im Jahr 2018 nur noch bei 15 Prozent. Für diese unerfreuliche Entwicklung gibt es mehrere Gründe. Erstens steigen die Kaufpreise in den Städten rasant, sodass jüngere Menschen immer mehr Eigenkapital brauchen, damit die Bank ihnen überhaupt einen Immobilienkredit gewährt. „Das ist der Flaschenhals“, sagt IW-Forscher Sagner. Zweitens nimmt die Zahl der Single-Haushalte zu. Im Gegensatz zu Familien sind Alleinlebende oft weniger bestrebt, Eigentum zu erwerben. Auch die Landflucht, die Zuwanderung vieler armer Flüchtlinge, die zunehmende Akademisierung samt späterem Berufseinstieg und die zunehmende Mobilität auf dem Arbeitsmarkt drücken die Eigentumsquote nach unten.