Verwechslung : Araber zieht es nach Zell an die Mosel
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Das malerische Örtchen liegt direkt am Wasser. Bild: dapd
Viele Araber sind in den letzten Jahren in einen 5000 Einwohner-Ort in Rheinland-Pfalz gezogen. Dabei wollten sie da möglicherweise gar nicht hin.
Ob er tatsächlich ins mondäne Zell am See nach Österreich wollte und dann im rheinland-pfälzischen Weinörtchen Zell an der Mosel gelandet ist, lässt sich im Nachhinein nicht mehr klären. Jedenfalls ist der Unterstaatsekretär aus Katar mit seiner Wahl seines Zweitwohnsitzes nach allgemeiner Beobachtung durchaus zufrieden. Hier hätten seine Kinder zum ersten Mal die Sterne gesehen. Das habe er ihr berichtet, sagt Brigitte Kunkel-Griffin, die dem Mann aus Arabien das Haus vermittelt hat.
Die zupackende Frau aus Frankfurt ist mit einem Schotten verheiratet und hat dank ihrer Englischkenntnisse so etwas wie das Makler-Monopol auf ausländische Immobiliensucher. Ihr Mann war es auch, der die Verwechslung vermutete. Damals vor zwei Jahren, als „aus heiterem Himmel“ die erste Häuseranfrage aus Kuweit kam, habe der „Spiegel“ gerade über Araber in Zell am See berichtet. Gut möglich also, dass Interessenten aus dem Nahen Osten sich auf der Suche nach Zell vergoogelt hätten. Bereut haben sie es offenbar nicht, sonst würden wohl kaum immer mehr Anfragen aus der Golfregion kommen. Kunkel-Griffin hat schon 15 Familien aus Bahrein, Katar, Abu Dhabi und Kuwait ein Zweitdomizil in der kleinen Verbandsgemeinde an der Mosel vermittelt. Es könnten viel mehr sein, sagt sie, aber Häuser, die den Ansprüchen der arabischen Kunden genügten, mit Moselblick, mehreren Schlafzimmern und mehreren Bädern, gebe es eben nur sehr wenige in der Region. Und überraschend sparsam sind sie, die Araber. 320.000 Euro habe das teuerste Haus gekostet. Ein Witz für Metropolen. Für Zell, wo Häuser nach den Worten der Frau zwischen 100.000 und 200.000 Euro verkauft werden, ist das schon gehobene Klasse.
Die Örtchen werden als Ausgangsziel für Europareisen genutzt
Manche der 23 kleinen Örtchen der Verbandsgemeinde - die Mosel vor der Haustür und Riesling-Steillagen im Rücken - machen den Eindruck, als ob das Wort malerisch eigens für sie erfunden worden sei. Trotzdem leidet die Gegend wie andere auch: die Jungen ziehen weg, die Bevölkerung überaltert, Wohnungen stehen leer. Die Gemeinde liege relativ weit weg von den beiden Oberzentren“ Trier und Koblenz und die Verkehrsanbindung sei eben nicht optimal, sagt Bürgermeister Karl Heinz Simon.
Was die Araber in eine Gegend zieht, darüber können die Moselaner nur spekulieren. Der Wein sei es jedenfalls nicht, denn den dürften sie aus religiösen Gründen nicht trinken, sagt Kunkel-Griffin. Sie vermutet, es ist die schöne Landschaft, das viele Grün, die Ruhe. Einige nutzten zudem die Möglichkeit einzukaufen, selbst ins 150 Kilometer weg gelegene Frankfurt. Für manche sei ihr Domizil gar der Ausgangspunkt für Touren durch Europa. „Die Leute haben ein anderes Entfernungsverständnis“.
Auf jeden Fall sind die Araber willkommen, darüber sind sich der Bürgermeister und die Maklerin einig. Probleme gebe es nicht, heißt es unisono. Im Gegenteil, zwischen Alteingesessenen und den Gästen aus Arabien habe sich manch gute Beziehung entwickelt. „Manchmal kümmern sich die Nachbarn um das Haus, wenn die Leute weg sind“, sagt Kunkel-Griffin. Szenen mit vollverschleierten Frauen an der Mosel gebe es nicht. „Die fallen gar nicht auf“, sagt Simon. „Die wollen sich integrieren“, sagt die Maklerin. Viele ihrer neuen Kunden wollten sogar gerne länger bleiben, aber das Aufenthaltsrecht lasse das leider nicht zu. Dabei könne man doch froh sein, wenn mehr Araber kämen und länger blieben, die würden gerne mehr Geschäfte machen und mehr Geld ausgeben, sagt Kunkel-Griffin. „Das käme doch der Region zugute“.