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Deutscher Häusermarkt : Schlechtester Jahresauftakt für die Baubranche seit 2009

  • Aktualisiert am

Immobilien können immobil machen. Bild: Picture Alliance

„Die Investoren treten zu Jahresbeginn auf die Bau-Bremse“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie. Zugleich fallen die Preise für Wohnimmobilien erstmals seit Langem.

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          Die Auftragskrise in der deutschen Baubranche hat sich mit dem schlechtesten Jahresauftakt seit 14 Jahren verschärft. Das Neugeschäft im Bauhauptgewerbe fiel im Januar inflationsbereinigt um 5,8 Prozent schwächer aus als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es sogar einen Auftragsschwund von 21 Prozent. „Einen größeren Rückgang zum Jahresbeginn hatte es zuletzt im Januar 2009 gegeben“, sagten die Statistiker. Damals hatte das Minus 21,8 Prozent betragen.

          Als Ursache für die sinkende Nachfrage gelten steigende Zinsen und höhere Baukosten. „Die Investoren treten zu Jahresbeginn auf die Bau-Bremse“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie, Tim-Oliver Müller. „Die starken Preis- und Zinssteigerungen haben die Verunsicherung weiter verstärkt.“ Die „Schockstarre“ müsse sich bald lösen, da die Auftragsbestände nicht mehr lange reichten, um die Unternehmen auszulasten.

          Vor allem der Wohnungsbau ist betroffen

          Die Flaute schlägt mittlerweile auf den Umsatz durch. Dieser fiel im Bauhauptgewerbe im Januar um real 8,3 Prozent niedriger aus als ein Jahr zuvor. Auch der Auftragsbestand nimmt ab. Am Jahresende 2022 lag er real um 4,5 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Nicht inflationsbereinigt summierte sich das Volumen auf 68,3 Milliarden Euro.

          Am stärksten ging der reale Auftragsbestand im Wohnungsbau zurück: Er brach hier um 9,3 Prozent ein. „Dies war der erste Rückgang in dieser Bauart in einem Kalenderjahr seit 2009“, hieß es dazu. Die Abwärtsdynamik habe sich dabei im Jahresverlauf verschärft.

          Die Bundesregierung hat mittlerweile vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ihr Ziel aufgegeben, dass jährlich 400.000 Wohnungen gebaut werden. Fachleuten zufolge ist die Lage am Immobilienmarkt derzeit dramatisch: Demnach fehlen in den nächsten Jahren rund 700.000 Wohnungen.

          Preise fallen erstmals seit 10 Jahren

          Wirtschaft und Gewerkschaften fordern von der Bundesregierung eine stärkere staatliche Förderung. Die Politik müsse sich stärker auf die Nachverdichtung im Bestand fokussieren, um bezahlbaren neuen Wohnraum gerade in den Ballungsräumen zu schaffen, rät das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

          Die Preise für Wohnimmobilien sind derweil Ende 2022 erstmals seit zwölf Jahren gefallen. Sie sanken von Oktober bis Dezember um durchschnittlich 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Das ist der erste Rückgang seit Ende 2010, als es ein Minus von 0,5 Prozent gegeben hatte.

          Noch stärker hatten sich die Kaufpreise für Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser zuletzt im ersten Quartal 2007 mit 3,8 Prozent verringert. Gemessen am dritten Quartal 2022 sanken die Preise um durchschnittlich 5 Prozent. „Ausschlaggebend für den Rückgang der Kaufpreise dürfte eine gesunkene Nachfrage infolge gestiegener Finanzierungskosten und der anhaltend hohen Inflation sein“, erklärten die Statistiker.

          2022 insgesamt stiegen die Preise für Wohnimmobilien allerdings weiter, da es in den ersten drei Quartalen noch Zuwächse gab: Im Jahresdurchschnitt zogen sie um 5,3 Prozent an. 2021 hatte es mit plus 11,5 Prozent noch den stärksten Anstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 gegeben.

          Unterschiede zwischen Stadt und Land

          Sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen waren zum Jahresausklang größtenteils Rückgänge zu verzeichnen. „Dabei sanken die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser stärker als die für Eigentumswohnungen“, so die Statistiker.

          So verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser beispielsweise in den kreisfreien Großstädten um 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Die Preise für Eigentumswohnungen in diesen Städten nahmen demgegenüber lediglich um 1 Prozent ab.

          In den dünn besiedelten ländlichen Kreisen waren Ein- und Zweifamilienhäuser 5,5 Prozent günstiger zu haben, Eigentumswohnungen dagegen mit plus 0,1 Prozent minimal teurer. In den Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf gingen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 2,9 Prozent zurück, für Wohnungen musste 1,6 Prozent weniger gezahlt werden.

          Die Überbewertungen bei den Preisen für Wohnimmobilien haben im vergangenen Jahr der Bundesbank zufolge angehalten. In den Städten lagen die Wohnimmobilienpreise 2022 immer noch zwischen 25 und 40 Prozent über dem gerechtfertigten Niveau, wie deren Ökonomen herausfanden.

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