Outlet Center : Das Revier im Outlet-Fieber
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Outlet Center in Roermond: eine Erfolgsgeschichte, die andere Städte auch gern erzählen würden Bild: McAthurGlen
Von Shopping-Tempeln auf der grünen Wiese versprechen sich gleich mehrere Städte in Nordrhein-Westfalen Wohlstand. Dabei wollten sie eigentlich ihre Innenstädte stärken. Stadtplaner sind entsetzt.
Ein verschlafenes Städtchen, jeder Fünfte ohne Job, im deutsch-niederländischen Niemandsland: Wer früher an Roermond vorbeisauste, wäre nie auf die Idee gekommen, hier von der Autobahn abzufahren. Dann eröffnete 2001 das Outlet-Center, in dem Markenhersteller wie Armani, Prada und Co. ihre Ware um 30 bis 70 Prozent günstiger anbieten. Das Center brachte Geld, Arbeitsplätze und den Massentourismus. Mehr als vier Millionen Besucher kamen vergangenes Jahr.
Besonders beliebt ist Roermond im Nachbarland: Der Großteil der Besucher fährt aus Deutschland an. „Die Autobahn von Düsseldorf nennen viele hier nur noch Outletbahn“, sagt Marc Bauwens, der Centermanager des Betreibers McArthur Glen. Weil 42 Prozent der Touristen einen Abstecher über die Fußgängerbrücke in die Innenstadt machen, floriert auch dort das Geschäft. Die Arbeitslosenquote von Roermond liege heute bei 7 Prozent, sagt Bauwens. Rund 2000 Jobs seien entstanden, das Center sei der größte Arbeitgeber der Region.
Einmal Roermond sein: Die holländische Erfolgsgeschichte vor Augen, will sich nun eine Reihe deutscher Städte ebenfalls als Shopping-Mekka etablieren. Bevölkerungsschwund, Strukturwandel, Arbeitslosigkeit? Ein Outlet-Center soll es richten. Besonders eifrig ist das Ruhrgebiet: In Werl, Remscheid, Duisburg und Wuppertal sind die Pläne für neue Einkaufstempel in vollem Gange, andere Kommunen sondieren fieberhaft ihre Möglichkeiten. Im münsterländischen Ochtrup und weiter nördlich in Neumünster rücken schon die Bagger an.
Roermond ist nicht überall möglich
Shoppen als Wirtschaftsmotor? Michael Nadler, Inhaber des Lehrstuhls Immobilienentwicklung in der Fakultät Raumplanung an der Technischen Universität Dortmund, ist da skeptisch. „Die Städte verschließen die Augen vor der Wirklichkeit“, sagt er. Der Erfolg von Roermond sei eine Ausnahme und lasse sich kaum wiederholen. Stattdessen sieht er die Gefahr, dass durch Center auf der grünen Wiese die Innenstädte veröden.
Beispiel Remscheid: McArthur Glen, Betreiber von europaweit 20 Designer-Outlets, will im Bergischen Land ein Center mit 20 000 Quadratmetern Verkaufsfläche hochziehen. „Die Bekanntheit der Stadt und des Bergischen Landes wird weit über die Grenzen hinaus gesteigert und zusätzlich Kaufkraft in die Region geholt“, verspricht der Entwickler. 800 Arbeitsplätze sollen entstehen. Das Argument zieht: Bei einer Bürgerbefragung stimmten fast 77 Prozent der Remscheider für das Projekt.
“Die Vorbehalte, die viele gegen Outlet-Center haben, sind nicht belegt - das ist ein emotionales Thema“, sagt Thomas Immelmann, bei McArthur Glen für das Nordeuropageschäft zuständig. In Neumünster gebe es ein Programm, bei dem die Stadt im Center auf ihre touristischen Angebote hinweisen könne, etwa auf Märkte oder Musikveranstaltungen. „In Remscheid wollen wir ähnlich vorgehen. Damit wird die Innenstadt einen Nutzen daraus ziehen.“
Emotionales Thema
Immobilienforscher Nadler überzeugt das nicht: „In der Diskussion wird bewusst übersehen, dass der Standort in keinster Weise an die Stadt angebunden ist. Es ist unwahrscheinlich, dass die Remscheider Innenstadt profitieren wird. Die Centerbesucher fahren von der Autobahnabfahrt ab, kaufen ein und fahren wieder nach Hause.“ Natürlich würde auch der Einzelhandel leiden: Viele würden statt in der City lieber im Center einkaufen. „Es braucht keinen Wissenschaftler, um das einschätzen zu können“, sagt Nadler.
Unklar seien die wirtschaftlichen Effekte: Sollten mehrere Outlet-Center in NRW entstehen, würden sie sich gegenseitig die Umsätze wegnehmen. Ob sich der Aufwand lohne, ist aus Nadlers Sicht fraglich: „Die zusätzlichen Arbeitsplätze befinden sich zum Teil im Niedriglohnbereich, gleichzeitig fallen in der Innenstadt Stellen weg. Für die Kommune bleiben der Imagefaktor und - im besten Fall - leicht höhere Steuereinnahmen.“
Ein wenig befremdlich ist es schon: Outlet-Center auf der grünen Wiese widersprechen so ziemlich jedem stadtplanerischen Ansatz der vergangenen Jahrzehnte. Manche Städte haben Millionen ausgegeben, um Masterpläne unter dem Leitthema der „Europäischen Stadt“ zu entwickeln. So auch Duisburg, wo Stararchitekt Norman Foster den Auftrag erhielt. „Mit der Überplanung der Innenstadt und ihrer markanten Orte wollen wir die Stadt als Lebensraum zurückgewinnen“, schrieb der damalige Oberbürgermeister Adolf Sauerland im Vorwort des Masterplans.
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