Ökologisches Wohnen : Grüner Schwede!
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Wo 26.000 Einwohner leben: Den Bau des Stockholmer Stadtteils Hammarby Sjöstad hielten Kritiker einst der hohen Auflagen wegen für utopisch. Bild: Ola Ericson/Imagebank Sweden
Weil ihre Umwelt so verdreckt war, bangten die Schweden um Wald, Flüsse und Gesundheit. Dann kam das große Umdenken. Heute reist alle Welt in das skandinavische Land, um die ökologische Musterstädte zu bestaunen.
Bo Frank ist ein stolzer Mann. Der grauhaarige und hemdsärmelige Bürgermeister in Jeans redet gerne und scheut sich dabei nicht, sich mit Arnold Schwarzenegger zu vergleichen. Der ist ungefähr so groß wie er, „aber dreimal so breit“ und weniger erfolgreich. Deshalb war er schon bei ihm zu Besuch, weil er von Bo Frank lernen wollte. Der sechzigjährige Frank ist Bürgermeister von Växjö, einer 60.000-Einwohner-Stadt in der südschwedischen Provinz Småland. Växjö hat sich in den 23 Jahren unter Stadtoberhaupt Bo Frank zur „grünsten Stadt Europas“ entwickelt. Inzwischen ist die Kleinstadt ein Modell für die Welt.
Das Ziel der Stadtoberen klingt ziemlich ambitioniert, jedenfalls für deutsche Ohren: Bis 2030 will Växjö komplett ohne fossile Brennstoffe auskommen. Die gesamte Energie, die es zum Heizen, Kühlen, für Elektrogeräte und für sämtliche öffentlichen und privaten Fahrzeuge benötigt, soll dann aus erneuerbaren Quellen kommen.
„Beim Thema Umwelt, da waren sich alle einig.“
Außerdem will die Kommune bis 2020 die CO2-Emissionen von Haushalten und Unternehmen um 65 Prozent reduziert haben. Sie ist auf gutem Weg: Seit 1993 ist der Kohlendioxidausstoß um rund 50 Prozent gesunken, sagt der Energiebericht. Selbst für Schweden ist das ein Spitzenwert, obwohl alle Kommunen laut Gesetz solche Energiepläne erstellen müssen.
Auch darauf ist Bo Frank stolz: dass es so viele andere Menschen in seinem Land gibt, egal ob Bürger, Unternehmer, Lokal- oder Landespolitiker, die mitziehen und an den grünen Zielen arbeiten, die sich das Land gesetzt hat. „Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind mittlerweile zentrale Themen in unserer Gesellschaft“, sagt Frank. Bei seinem Amtsantritt hätten sich die acht Parteien im Stadtrat in fast allen Punkten nur gestritten, „außer beim Thema Umwelt, da waren sich alle einig“.
Das war beileibe nicht immer so, erzählt Gunnar Söderholm, Direktor der Umwelt- und Gesundheitsbehörde in der Hauptstadt Stockholm. Aber seit den späten achtziger Jahren hat sich das gewandelt. Damals ächzte Schweden unter verschmutztem Wasser und verpesteter Stadtluft; die Waldnation fürchtete den sauren Regen und dass sie bei steigendem Meeresspiegel im Brackwasser der Ostsee versinken würde.
Eine komplette Kleinstadt auf grün getrimmt
Inzwischen sparen viele Städte und Gemeinden mit ihren Energieprogrammen erfolgreich Ressourcen und setzen auf neue Energien. Wieso das klappt? Bo Frank erklärt das so: „Weil wir das dezentralste Land der Welt sind, in denen die Kommunalchefs noch etwas zu sagen haben. Ich habe mehr Macht als der Bürgermeister von Paris.“ Zumindest hat er ein Budget von einer halben Milliarde Euro, das er weitgehend frei einsetzen kann.
Doch wie trimmt man nun eine komplette Kleinstadt auf grün? Växjö hat zuerst fast sämtliche Haushalte an sein Biomassekraftwerk angeschlossen, das mit Holzhackschnitzeln befeuert wird. Bäume wachsen hier mehr als genug, und es wird weniger Holz geerntet als nachwächst. „Heute hat Schweden sogar mehr Wald als noch vor 100 Jahren“, betont Joachim Eriksson vom Bioenergiekraftwerk. Die Bewohner beziehen so - besonders im kalten Winter - umweltfreundlich Wärme und Heißwasser.