Immer neue Standorte : Noch jemand ohne Campus?
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Ort der Begegnung: Campus Westend der Frankfurter Goethe-Universität Bild: Tim Wegner/Laif
Landauf, landab nimmt der Gebrauch des Wortes Campus zu. Eins, zwei, drei, ganz viele. Das wirft Fragen auf: Worum geht es? Was steckt dahinter? Gibt es eine verbindende Idee?
Das Problem beginnt beim Plural. Wie heißt es denn nun richtig, wenn von mehr als nur einem Campus die Rede ist? Campi, die Campus oder gar Campusse? Der Duden nennt die Campus und lässt mit dem Hinweis „umgangssprachlich“ sogar Campusse zu. Zur Bedeutung des Wortes lateinischen Ursprungs steht dort „Gesamtanlage einer Hochschule, Universitätsgelände“.
Aber das Problem mit dem Plural setzt sich fort. Denn die in den zurückliegenden Jahrzehnten gewachsene Zahl von Universitäten und Hochschulen hat zu jeder Menge Campus-Standorten geführt. Die Vielzahl erklärt sich zum einen durch neu gegründete akademische Einrichtungen der öffentlichen Hand – häufig in Mittel- und mitunter auch Kleinstädten –, zum anderen durch den gewachsenen Anteil entsprechender privater Bildungsinstitute. Allein so gäbe es schon genug Gebäude, die auf einem Campus stehen. Doch größere wie kleinere Unternehmen schmücken sich ebenfalls mit dem Begriff. Oft findet sich durch Forschung und Entwicklung zwar ein Bezug zur Wissenschaft, doch zwingend ist das bei der Namensgebung nicht. Das Problem mit dem Plural geht weiter – hin zu einer regelrechten Pluralität.
Campus muss nicht Akademie heißen
Ein Blick in das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen zeigt das Spektrum. Zu den Projekten in der Landeshauptstadt Düsseldorf gehört der Metro-Campus. Der Großhandelskonzern Metro plant an der Schnittstelle der Stadtteile Flingern, Düsseltal und Grafenberg, wo sich derzeit die Hauptverwaltung und ein Großmarkt befinden, die Entwicklung eines klimagerechten und inklusiven städtischen Quartiers. Was bringt es?
Jean-Christophe Bretxa, Chief Executive Officer des zur Metro AG gehörenden Immobilienunternehmens Metro Properties, berichtet: „Unser am Standort verbleibendes Headquarter soll perspektivisch mit Wohn- und Arbeitsflächen kombiniert werden, die sich mit Gastronomie, Markthalle, Einzelhandel, Handwerk und Ateliers, Naherholungs- und Freizeiteinrichtungen in öffentlichen Parks und Gärten vermischen.“ Diese Nutzungsvielfalt in einer offenen Struktur, von Jean-Christophe Bretxa im Sinne der 15-Minuten-Stadt als „neue Urbanität im europäischen Städtebau“ bezeichnet, könnte auf einer Fläche von insgesamt neun Hektar entstehen.
Der Blick auf das Verbindende hilft
Wenige Kilometer entfernt liegt im Ruhrgebiet ein Campus nicht weit vom nächsten. In Essen wurde vor Kurzem der Aldi-Nord-Campus und schon vor Längerem der Thyssenkrupp-Campus fertiggestellt, der nun weiterentwickelt werden soll. Wirtschaft und Wissenschaft sollen sich zudem im Forschungs- und Innovationscampus Thurmfeld als Neunutzung einer alten Industriebrache verbinden.
In Bochum war die Ruhr-Universität in den Sechzigerjahren die erste der in der Bundesrepublik Deutschland neu gegründeten Universitäten – als solche auf einem Campus in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes. In direkter Nähe entstand später ein Gesundheitscampus. Nun ist mit der Entwicklung des Gesundheitscampus II, wie so oft im Ruhrgebiet auch hier auf einer Industriebrache, ein weiteres Angebot für Spezialisten aus der Gesundheitswirtschaft geplant. Und die aktuellen Campus-Aktivitäten allein in Deutschlands größtem Ballungsgebiet umfassen noch deutlich mehr Standorte und Konzepte.