Klein macht sich groß : Wie man aus Mini-Grundrissen das Beste rausholt
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Statt Flur: In dem rosa Riegel stecken Bad, Küchenzeile und viel Stauraum. Bild: Marcus Bredt
Platz steckt in der kleinsten Wohnung. Allerdings muss für ein neues Raumgefühl manche Wand fallen.
Was benötigt auch die allerkleinste Wohnung? Ein Bad, ganz klar, und eine Küche, selbstverständlich. Dazu braucht sie noch viel Stauraum in Einbauschränken sowie Möbel, die platzsparend sind und möglichst noch eine zweite Funktion haben, als Raumteiler zum Beispiel. All das sind die Grundmuster des „Mikrowohnens“, das Hochkonjunktur hat. Absolut verzichtbar dagegen ist der Flur. Für ihn in einer beengten 30-Quadratmeter-Bude kostbaren Raum abzuzwacken, sparen sich die Projektentwickler. In den neuen Miniwohnungen, zunehmend aber auch in großen Wohnungen, finden sich nur noch frei bespielbare Grundflächen: offene Wohn- und Essbereiche, die gleich an der Eingangstür beginnen.
Im Neubau ist eine solche Planung kein Problem. Aber was, wenn man eine kleine Wohnung im Altbau hat? Mit einem schlauchartigen Bad, einer ebenso schmal geschnittenen Küche und dem separaten Flur, der meist auch noch ziemlich düster ist. Den Grundriss kann man auch hier verändern, Licht und Luft hereinlassen – und unter anderem Platz für eine Küche mitten im Wohnbereich schaffen. Das geht sogar großzügiger, als mancher denkt. Denn meistens liegen die entscheidenden tragenden Wandelemente und die wichtigen Wasser- und Abwasserstränge an den äußeren Kanten einer Altbauwohnung. Der Vorteil: Sie versperren nicht den Weg, wenn man sich Freiraum und größere Zimmer verschaffen will.
Die Architektin Paola Bagna hat in Berliner Kleinstwohnungen schon mehrfach Wände verschieben – oder besser gesagt: einreißen – lassen. Gerade steht die aus Katalonien stammende Planerin wieder in der staubigen Luft einer bis auf die Außenmauern entkernten Hinterhofwohnung. 29 Quadratmeter liegen leer vor ihr. Der Putz ist ab, alle drei bisherigen Zwischenwände der Wohnung sind fort, von der Decke baumeln alte Leitungen. Am Boden liegen noch die alten dicken Holzdielen. Sie zeigen an, wo bisher Flur und Wohnzimmer waren – und führen vor Augen, wie klein dieser einzige Wohnraum war. Er maß nur 13 Quadratmeter und war obendrein ziemlich düster, sagt die Architektin. Gemeinsam mit ihrem Architektenkollegen John Paul Coss, einem jungen Iren, will sie in dieser Wohneinheit jetzt viel mehr Platz herausholen, und das bedeute für sie vor allem, ein neues Raumgefühl zu schaffen. „Jeden Zentimeter zu nutzen ist eine Herausforderung dieser Zeit“, sagt sie.
Mit Proportionen und Ebenen spielen
Nur eine einzige Wand wird in dieser Wohnung im Stadtteil Schöneberg wieder aufgebaut. Sie trennt künftig das Badezimmer ab. Keine Küchenwand wird es geben, keine Flurwand, und damit auch keine drei Türen im Wohnungsinnern wie zuvor. Über dem Bad aber wird auf Stahlträgern eine Mezzanin-Ebene installiert. Dank einer Raumhöhe von 3,70 Metern ist dafür Platz vorhanden. So wird der Besitzer, für den die Architekten hier planen, künftig im vorderen Teil seiner Wohnung zwei Etagen nutzen können. „Man kommt durch die Eingangstür und hat zunächst eine Zwischendecke über sich“, erläutert Paola Bagna. Gleich danach soll sich der Raum weiten. „Dieses Aha-Erlebnis muss es geben!“ Das Wohnzimmer inklusive Küchenbereich werde künftig mehr als 20 Quadratmeter messen, allein durch vergrößerte Fenster soll es lichter wirken.
Je kleiner eine Wohnung sei, desto mehr müsse man mit Proportionen und Ebenen spielen und „alles auf das einfallende Licht ausrichten“, sagt John Paul Coss. Es ist klar, dass ein Flur, der abgeschottet hinter Türen liegt, in solchen Planungen keine Rolle mehr spielt.