Plötzlich reden alle von Enteignung
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Investoren vertrieben: In der Karl-Marx-Allee mit Erfolg gegen eine Übernahme durch „Deutsche Wohnen“ gewehrt. Bild: dpa
Berlin bekommt den Wohnungsmarkt nicht in den Griff. Die Politik verfällt auf immer radikalere Ideen. Droht in der Hauptstadt die Verstaatlichung von Wohnungen?
Artikel 15 des Grundgesetzes ist in 70 Jahren noch nie angewandt worden. Und doch klingen die nüchternen Worte des Gesetzes dieser Tage für die einen wie eine Verheißung, während sie anderen Angst und Schrecken einjagen. Artikel 15 besagt, dass Grund und Boden ebenso wie Naturschätze und Produktionsmittel durch ein Gesetz in Gemeineigentum überführt werden können. Dies hat ein breites Bündnis aus linken Berliner Aktivisten auf die Idee gebracht, genau das mit den großen privaten Wohnungsbeständen in der Stadt zu tun, um weitere Mietsteigerungen zu verhindern: Jedes Unternehmen, das mehr als 3000 Wohnungen in der Hauptstadt besitzt, soll gezwungen werden, die Bestände für weniger als den Marktpreis an städtische Wohnungsgesellschaften abzutreten. Es geht um gut 200.000 Wohnungen, die enteignet werden sollen. Betroffen wäre vor allem der größte Berliner Wohnungseigentümer „Deutsche Wohnen“, doch auch andere Akteure wie Vonovia oder Grand City Property würde es treffen. Angestrebt wird ein Volksentscheid, dessen Ausgang im Sinne der Initiatoren durchaus erfolgreich sein könnte, denn laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Zeitung „Tagesspiegel“ sind fast 55 Prozent der Berliner für die Enteignung.

Redakteurin in der Wirtschaft der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Verantwortliche Redakteurin für „Wohnen“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Unterstützung bekommt die Initiative auch von der Berliner Politik: Die Linke, die mit der SPD und den Grünen zusammen die Stadt regiert, hat sich hinter die Forderung gestellt, auch die Grünen sympathisieren damit sowie Teile der SPD. Dabei klingt, was das Bündnis „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ verlangt, nicht nur für marktliberale Ohren radikal: „Wir wollen die Investoren aus der Stadt vertreiben“, sagt Rouzbeh Taheri, Sprecher der Initiative.
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