Teure Reform
Von JUDITH LEMBKE28.01.2019 · Die Grundsteuer soll neu berechnet werden, zwei Modelle stehen zur Wahl. Beispiele zeigen: Günstiger wird’s für Mieter und Eigentümer wohl nicht.
G rundsteuer zahlen alle, ob Mieter oder Eigentümer in prosperierender Millionenstadt oder Schrumpfregion. Deswegen hat die Reform der Steuer, über die am kommenden Freitag entschieden werden soll, auch Auswirkungen für jeden, der wohnt. 164 Euro zahlte jeder Haushalt 2017 im Schnitt, die Belastung war in Bremen mit durchschnittlich 293 Euro am höchsten und im Landkreis Bamberg mit 82 Euro am niedrigsten.
Trotzdem fühlte man sich in den vergangenen Wochen ein bisschen wie beim Steuer-Quartett: Flächen- und Ertragswertmodell wurden in der Diskussion gegeneinander ausgespielt, Hebesätze und Steuermesszahlen verglichen, Bodenrichtwerte gegen Nettokaltmieten in Position gebracht. Die wichtigste Frage blieb unbeantwortet: Wie teuer wird es, je nachdem, ob bei der Berechnung künftig vor allem die Fläche eine Rolle spielt, wie von CDU und Immobilienwirtschaft favorisiert, oder ob der tatsächliche Immobilienwert die größte Bedeutung hat, wofür die SPD, angeführt vom Bundesfinanzminister, plädiert? Das Bodenwertmodell, das vor allem Ökonomen befürworten, weil es Anreize für Neubau und Nachverdichtung setzt, spielt in der politischen Entscheidung keine Rolle mehr.
Der Eigentümerverband Haus & Grund hat exklusiv für 17 reale Immobilien durchgerechnet, welche Belastungen je nach Modell auf Eigentümer beziehungsweise Mieter zukämen. Die Annahme war dabei, dass die Hebesätze, die die Kommune zur Ermittlung der Grundsteuerschuld souverän festlegt, konstant bleiben. Bisher gilt die Faustregel, dass die Hebesätze in wirtschaftsstarken Kommunen eher niedrig ausfallen, dafür sind dort die sogenannten Einheitswerte der Immobilien höher, die im Westen 1964 und im Osten 1935 festgelegt wurden. In strukturschwachen Regionen wie dem Ruhrgebiet sind die Einheitswerte niedrig, dafür haben die Kommunen ihre Hebesätze in den vergangenen Jahren aber in die Höhe geschraubt, um Haushaltslöcher zu stopfen.

Baujahr | 1895 |
Wohnfläche | 374 m² |
Nettokaltmiete | 6,15 €/m² |
Grundstücksgröße | 842 m² |
Bodenrichtwert | 1.800 € |
Aktuell | 3.733 € |
Ertragswertmodell | 2.300 € |
Flächenmodell | 742 € |
Bodenwertmodell | 12.276 € |

Baujahr | 1968 |
Wohnfläche | 357 m² |
Nettokaltmiete | 5,94 €/m² |
Grundstücksgröße | 509 m² |
Bodenrichtwert | 205 € |
Aktuell | 1.183 € |
Ertragswertmodell | 978 € |
Flächenmodell | 734 € |
Bodenwertmodell | 2.004 € |

Baujahr | 2014 |
Wohnfläche | 319 m² |
Nettokaltmiete | 5,37 €/m² |
Grundstücksgröße | 1.857 m² |
Bodenrichtwert | 125 € |
Aktuell | 102 € |
Ertragswertmodell | 1.258 € |
Flächenmodell | 656 € |
Bodenwertmodell | 1.509 € |

Baujahr | 1895 |
Wohnfläche | 4393 m² |
Nettokaltmiete | 6,64 €/m² |
Grundstücksgröße | 842 m² |
Bodenrichtwert | 1.800 € |
Aktuell | 3.733 € |
Ertragswertmodell | 10.670 € |
Flächenmodell | 7.253 € |
Bodenwertmodell | 12.276 € |

Baujahr | 1904 |
Wohnfläche | 277 m² |
Nettokaltmiete | 6,41 €/m² |
Grundstücksgröße | 150 m² |
Bodenrichtwert | 480 € |
Aktuell | 192 € |
Ertragswertmodell | 705 € |
Flächenmodell | 406 € |
Bodenwertmodell | 500 € |

Baujahr | 1922 |
Wohnfläche | 120 m² |
Nettokaltmiete | 5,44 €/m² |
Grundstücksgröße | 644 m² |
Bodenrichtwert | 330 € |
Aktuell | 211 € |
Ertragswertmodell | 463 € |
Flächenmodell | 243 € |
Bodenwertmodell | 1.403 € |

Baujahr | 1896 |
Wohnfläche | 276 m² |
Nettokaltmiete | 5,44 €/m² |
Grundstücksgröße | 990 m² |
Bodenrichtwert | 200 € |
Aktuell | 490 € |
Ertragswertmodell | 726 € |
Flächenmodell | 495 € |
Bodenwertmodell | 1.307 € |

Baujahr | 1983 |
Wohnfläche | 143 m² |
Nettokaltmiete | 6,35 €/m² |
Grundstücksgröße | 513 m² |
Bodenrichtwert | 600 € |
Aktuell | 243 € |
Ertragswertmodell | 288 € |
Flächenmodell | 140 € |
Bodenwertmodell | 216 € |

Baujahr | 1989 |
Wohnfläche | 200 m² |
Nettokaltmiete | 5,79 €/m² |
Grundstücksgröße | 388 m² |
Bodenrichtwert | 117 € |
Aktuell | 358 € |
Ertragswertmodell | 461 € |
Flächenmodell | 177 € |
Bodenwertmodell | 861 € |

Baujahr | 1980 |
Wohnfläche | 189 m² |
Nettokaltmiete | 5,1 €/m² |
Grundstücksgröße | 740 m² |
Bodenrichtwert | 95 € |
Aktuell | 172 € |
Ertragswertmodell | 316 € |
Flächenmodell | 200 € |
Bodenwertmodell | 267 € |

Baujahr | 1936 |
Wohnfläche | 110 m² |
Nettokaltmiete | 4,94 €/m² |
Grundstücksgröße | 554 m² |
Bodenrichtwert | 260 € |
Aktuell | 80 € |
Ertragswertmodell | 260 € |
Flächenmodell | 164 € |
Bodenwertmodell | 713 € |

Baujahr | 1982 |
Wohnfläche | 230 m² |
Nettokaltmiete | 6,14 €/m² |
Grundstücksgröße | 375 m² |
Bodenrichtwert | 340 € |
Aktuell | 487 € |
Ertragswertmodell | 444 € |
Flächenmodell | 187 € |
Bodenwertmodell | 446 € |

Baujahr | 1907 |
Wohnfläche | 167 m² |
Nettokaltmiete | 8,03 €/m² |
Grundstücksgröße | Anteil an insgesamt 900 m² |
Bodenrichtwert | 3.500 € |
Aktuell | 400 € |
Ertragswertmodell | 701 € |
Flächenmodell | 275 € |
Bodenwertmodell | 797 € |

Baujahr | 1903 |
Wohnfläche | 1290 m² |
Nettokaltmiete | 6,95 €/m² |
Grundstücksgröße | 892 m² |
Bodenrichtwert | 2.400 € |
Aktuell | 1.652 € |
Ertragswertmodell | 4.783 € |
Flächenmodell | 2.233 € |
Bodenwertmodell | 17.340 € |

Baujahr | 1982 |
Wohnfläche | 117 m² |
Nettokaltmiete | 6,93 €/m² |
Grundstücksgröße | 667 m² |
Bodenrichtwert | 320 € |
Aktuell | 396 € |
Ertragswertmodell | 655 € |
Flächenmodell | 298 € |
Bodenwertmodell | 1.729 € |

Baujahr | 1985 |
Wohnfläche | 86 m² |
Nettokaltmiete | 7,49 €/m² |
Grundstücksgröße | Anteil an insgesamt 1.206 m² |
Bodenrichtwert | 1.600 € |
Aktuell | 163 € |
Ertragswertmodell | 321 € |
Flächenmodell | 104 € |
Bodenwertmodell | 929 € |

Baujahr | 1992 |
Wohnfläche | 147 m² |
Nettokaltmiete | 6,24 €/m² |
Grundstücksgröße | 230 m² |
Bodenrichtwert | 1.800 € |
Aktuell | 626 € |
Ertragswertmodell | 363 € |
Flächenmodell | 77 € |
Bodenwertmodell | 932 € |
*) Für das Ertragswertmodell stellt die Nettokaltmiete eine wichtige Bemessungsgrundlage dar. Da die meisten Ein- und Zweifamilienhäuser jedoch nicht vermietet, sondern vom Besitzer selbst genutzt werden, hat das Bundesministerium der Finanzen eine Mietwerttabelle erstellt. Mit dieser Tabelle können die durchschnittlichen Nettokaltmieten für Ein- und Zweifamilienhäuser geschätzt werden. Auch wir haben uns in den Fallbeispielen von Ein- und Zweifamilienhäusern an dieser Tabelle orientiert.
Auch wenn die Hebesätze nach unten angepasst würden, zeigen die Beispiele deutlich: Kommt das wertabhängige Ertragsmodell zum Zug, wird es vor allem für Großstadtbewohner deutlich teurer. Dabei trifft es den Osten besonders hart, wie die Beispiele aus Jena und Leipzig zeigen, weil die Immobilienbewertung dort seit 84 Jahren nicht angepasst wurde. Gerade in den vergangenen zehn Jahren haben die Immobilienpreise in ostdeutschen Großstädten aber zugelegt. Geht man davon aus, dass das Gesamtaufkommen konstant bei 14 Milliarden Euro bleibt, würde hingegen das Flächenmodell eher zu einer Umverteilung des Aufkommens von Stadt in Richtung Land führen, wo in der Regel auf mehr Platz gewohnt wird.
Redaktion: Judith Lembke
Grafik: Carsten Feig, Jens Giesel
Quellen: Haus & Grund, Bertelsmann Stiftung, Statistisches Bundesamt
Quelle: F.A.S.
Veröffentlicht: 28.01.2019 10:11 Uhr
