https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wohnen/garten/wie-pflanzen-ueberleben-ausdauerkuenstler-und-kraftprotze-im-beet-15931969.html

Tipps fürs Beet : So überleben Ihre Pflanzen auch den größten Stress

  • -Aktualisiert am

Ist ein Schnellversamer: Die Akelei Bild: Marion Nickig

Ausdauerkünstler und Kraftprotze im Beet: Pflanzen sind wahre Strategen – und gehen ganz unterschiedlich mit Nachbarn und Stress um. Eine Typologie.

          6 Min.

          Manche sind von der schnellen Sorte. Sie sind sofort zur Stelle, wo es etwas Neues gibt, und machen sich erst einmal breit. Doch wenn andere kommen, wird es ihnen zu voll, und sie gehen wieder. Denn sie mögen keinen Stress mit den Nachbarn und würden ohnehin den Kürzeren ziehen. Lieber suchen sie sich einen neuen Platz. In einer Ellbogengesellschaft kommen sie nicht zurecht, im Gegensatz zu den geborenen Siegertypen. Zwar fangen die auch erst einmal klein an und brauchen eine Weile, aber dann entfalten sie ihr ganzes Potential und werden imposant. Niemand macht ihnen etwas vor und Schwächlinge können einpacken, denn sie kriegen nichts mehr ab von dem, was sie zum Leben brauchen. Das funktioniert aber nur an Orten, wo alles bestens ist. Denn unter erschwerten Bedingungen machen auch die Kraftprotze schlapp, und dann kommen die zähen Durchhalter zum Zuge. Sie harren aus, wo alle anderen längst weg sind – oder sich nie hinwagen würden. Dadurch vermeiden sie es, gegen andere kämpfen zu müssen. Ihre Stärke liegt im Aushalten.

          Was sich beinahe menschlich anhört, gibt es im Reich der Pflanzen. Denn Pflanzen sind Typen. Sie haben ihre ganz eigenen Verhaltensmuster, um durchs Leben zu kommen – eine bestimmte Strategie. Und anhand dieser Strategie lassen sie sich in Gruppen einteilen. Das ist etwas anderes, als sie nach ihren Lebensbereichen zu sortieren, wie es vor rund 40 Jahren der Gartenbauwissenschaftler Richard Hansen gemacht hat. Hansen listete auf, was wo wächst – vom schattigen Wald bis zur sonnigen Freifläche – und erschuf so eine wissenschaftliche Grundlage für die Verwendung von Stauden. Auch für Hobbygärtner ist diese Einteilung immer noch eine wichtige erste Orientierung, wenn es darum geht, den eigenen Garten kennen zu lernen. Denn unter hohen Bäumen wird die Pfingstrose genauso wenig wachsen wie der Waldmeister im sonnigen Steinbeet.

          C-, R- und S-Strategen

          Doch mit dem Lebensbereich ist zwar ein Standort charakterisiert, aber noch nichts darüber gesagt, wie sich die jeweiligen Pflanzen dort tatsächlich verhalten. Verbreiten sie sich durch Ausläufer oder wachsen sie kompakt in die Höhe? Brauchen sie Zeit, um sich zu entwickeln, oder vermehren sie sich schnell?

          An jedem Standort können Pflanzen mit den unterschiedlichsten Strategien aufeinandertreffen. Der Brite John Philip Grime hat das bereits in den 1970er Jahren untersucht und ein Modell entwickelt. Er unterteilt Gewächse anhand ihrer Fähigkeiten, denn sie reagieren ganz unterschiedlich auf die Einflüsse vor Ort: Trockenheit oder Nässe verursachen Stress. Fußtritte, Mähen oder Verbiss durch Tiere stören das Wachstum. Nachbarn, die ebenfalls Licht, Wasser und Nährstoffe brauchen, sind Konkurrenten. Manchmal ist aber auch ein gutes Nebeneinander möglich. Grime stellt drei Haupttypen auf. C-Strategen – vom englischen „competitive“, konkurrenzfähig – sind Pflanzen, die sich durchsetzen können, Siegertypen wie der Knöterich (Aconogonon x fennicum) ’Johanniswolke‘. R-Strategen – an ruderalen Orten, auf vom Menschen verursachten Schutt- und Brachflächen – wie der Wollige Fingerhut (Digitalis lanata) gedeihen da, wo der Boden gestört wird. Sie wachsen schnell heran, sind eher kurzlebig und können sich nicht gut gegen Konkurrenz durchsetzen. S-Strategen – Stress-Strategen – halten es an Plätzen aus, wo es für die meisten anderen Pflanzen zu anstrengend ist: zu trocken, zu nass, zu karg oder zu windig.

          Weitere Themen

          Topmeldungen

          Demonstrantin in Berlin im Zwiegespräch mit einem Polizisten

          Linksextremistin : Lina E. nach Urteil auf freiem Fuß

          Unter Auflagen durfte die verurteilte Lina E. nach dem Richterspruch nach Hause gehen. Sie muss sich nun zweimal wöchentlich bei der Polizei melden. In Bremen kam es derweil zu Ausschreitungen.

          Newsletter

          Immer auf dem Laufenden Sie haben Post! Die wichtigsten Nachrichten direkt in Ihre Mailbox. Sie können bis zu 5 Newsletter gleichzeitig auswählen Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuchen Sie es erneut.
          Vielen Dank für Ihr Interesse an den F.A.Z.-Newslettern. Sie erhalten in wenigen Minuten eine E-Mail, um Ihre Newsletterbestellung zu bestätigen.